Moby Dick im Köln, Theater im Bauturm

Auf großer Südsee-Tour

Ihr Faible für Cervantes‘ Don Quijote, für dessen abenteuerliche Theater-Fassung sie bereits mit dem „Kölner Theaterpreis“ als beste Inszenierung des Jahres 2018 belohnt wurden, war bereits ein kleines Wunder. Das Theater-Wunder eines Terzetts, das gerade einmal die Schauspiel-Schule verlassen hatte. Regisseur Kieran Joel zog mit Maximilian Hildebrandt und Felix Witzlau jedenfalls alle Register jugendlichen Überschwangs.

Nun wagten sie sich, verrückt und sicher durch ihren Erfolg bestärkt, an einen Roman, dessen Helden jeder kennt: Es ist Captain Ahab auf seinem einmaligen Rachefeldzug gegen Moby Dick - den weißen „Wal“. Im Kampf mit ihm verlor er einst sein Bein. Nun soll die Wal-Welt vor seiner Wut erzittern und mit dem Leben büßen.

Soweit so gut - als Roman, in dem sein Autor Herman Melville (1819-1891) den Walfang als Metapher für die Erklärung der Welt erfahren lässt. Wie aber wird ein Theaterabend daraus? Zumal ein erfolgreicher? Spielt das ganze doch, fast 800 Seiten lang, in der Südsee, also in ständigem Kampf mit der Urgewalt Wasser. Doch allzu „feucht“ - das sei schon mal gesagt - wird es nie. Und „verwässert“, was die Vorlage angeht, schon gar nicht.

Es ist ein Spiel. Ein Schau-Spiel nur, das nie so tut, als bilde es die Wirklichkeit ab. Wir erleben gleichsam die Entdeckung und Entwicklung eines Themas um Bewunderung und Hass. Bewunderung für die Kraft und Schönheit eines Lebewesens und den Hass auf dessen Überlegenheit. Und, wie nebenbei, wie ein einzelner, Kapitän Ahab, seine Schiffs-Mannschaft zu Geiseln seines Hasses macht. Sie sind nur Teile seiner diktatorischen Verblendung, „Arme“ und „Beine“ seines Willens.

Was ernst und bitter klingt, wird in der Bauturm-Inszenierung aufgelöst in einer Spielfreude, die Theater als Raum der Fantasie erlebbar macht. Als eine „Realität“, die sich nur und erst im Kopf des Betrachters bildet.

Mit einem Loblied auf die Vielfalt der Wale beginnt der Abend. Zwei Männer, Melvills Erzähler und Captain Ahab, reißen hinein in eine faszinierende Welt. Aber auch in die Welt des Jagens und des Tötens. Dann taucht der weiße Wal auf. Spielerisch erwächst er aus einem luftgefüllten weißen Laken. Doch dann wird’s ernst: Der Wal verbeißt sich in Ahabs Bein. Und der Kampf zwischen Mensch und Tier beginnt. Eine Geschichte grenzenloser Rache.

Lichteffekte und eine dramatisch aufgeheizte Musik (Lenny Mockridge) begleiten die Geschichte. Der Text, der die Dramatik des Kampfes zwischen Mensch und Tier deutlich macht, wird von dem Duo in mitreißende Spielszenen und Aktionen „übersetzt“. In Aktionen, die immer wieder erkennen lassen: Theater ist‘s, nichts als Theater.

Immer wieder verweisen Unterbrechungen, in denen die Akteure gleichsam aus ihren Rollen herausfallen, an Theaterproben. So endet die Inszenierung auch bruchartig, wenn die Protagonisten aus dem Schau-Spiel „herausfallen“ - und die Bühne durch den Zuschauerraum verlassen.

Und einmal mehr wird erkennbar: Es ist „nur“ ein Schauspiel. Präsentiert mit einer Leichtigkeit, dass man das Theater mit einem Lächeln auf den Lippen verlässt.