Vermooster Bus im Wald von Athen
Von wegen unsichtbar. Unsichtbar ist keiner aus dem Quintett der „Monstres De Luxe“, die der beim Neusser „Shakespeare- Festival“ nicht unbekannte Brite Dan Jemmet in Sir Williams berühmtesten Wunder-Wald geschickt hat. Je suis invisible! heißt gleichwohl seine französische Version des „Sommernachtstraums, die er mit einem ebenso umwerfend agilen wie komischen Luxus-Team als Produktion des „Theatre de Nimes“ ins rheinische "Globe“ verpflanzte.
„Verpflanzt“ hat Jammets schamlos überdrehte Inszenierung nahezu im Sinne des Wortes - einen Minibus a la VW-Bulli. Von Moos überwuchert, steht der im Wald von Attika. Dass er keine Lust mehr hat, sich zu bewegen, lässt nicht nur das Stottern beim vergeblichen Versuch, den Motor anzuwerfen vermuten. Es ist eben ein „Märchen-Bulli“, an dessen Wiederbelebung sich die versuchen, die im Laufe des Spiels alles sein werden: Kfz – Handwerker und mitreißend komische Komödianten, die Liebespaare Lysander und Hermia, Helena und Demetrius, Elfen-König Oberon und Gattin Titania, die der Zauber der Nacht und die Verwirrung in der Natur in die Arme eines Esels treiben wird.
In dem hinterwäldlerischen Bus träumt ein Mann seinen Sommernachtstraum. Dann kommen sie herein: Vier Personen bringen sich ins Spiel. Langsam, wie in Zeitlupe, scheinen sie Figuren aus einer fernen Vergangenheit. Aber kaum haben sie die Bühne stumm wieder verlassen, kommen sie auch schon wieder in die Szene. Aus künstlerisch angehauchten und seriösen Engländern sind urplötzlich quicklebendige Kfz-Mechaniker geworden. Doch der Bulli lässt sich einfach nicht wieder ins Leben zurückgerufen. Er ist und bleibt für immer ein Teil des Waldes – und zugleich Rückzugsort und Zwischenreich zwischen dem Dunkel des nicht einsehbaren Dahinter und der offenen Spielszene davor.
Beim großen Verwirrspiel um die Liebe, beim Techtelmechtel der verzauberten Titania mit dem Esel, geht die Poesie, geht das Geheimnisvolle ein wenig in den Turbulenzen der Beziehungen verloren. Doch wenn unsere Mechaniker-Truppe das Spiel von Pyramus und Thisbe probt, ist das so köstlich naiv-komisch, dass der Sommernachtstraum zu einem mitreißenden Vergnügen wird.
Es ist eine Inszenierung mit und für glänzende Komödianten, ein wahrer Schauspieler-Abend, an dem ein umwerfend aufgedrehtes Quintett in 14 Rollen schlüpft als sei es seine Natur.
An ihrer Spitze ein wahres Naturereignis: David Ayala, der mit seinem ebenso massigen wie hinreißend agilen Körper die Bühne beherrscht, ob als Bus-Träumer oder Zettel, mit Eselskopf oder als Theseus. Und wenn der Löwe brüllt, wenn Pyramus und Thisbe im Spiel der Handwerker zu künstlerischen Ehren kommen, hat die Truppe den Komödianten-Himmel endgültig erklomrnen. Und das Publikum ist aus dem Häuschen.