Die Fesseln der Sozialisation
O Shit ! Wie macht man‘s nur richtig und allen Recht? Steve wurde erzogen von seiner Mutter Morag - einer Feministin, die selbstsicher ist, bestimmend und ihre Vorstellungen auf ihren Sohn übertragen hat. Also entschuldigt er sich erst mal bei seiner Angebeteten Kate - für alle Fälle für sein Dasein als Mann. Denn ein Feminist hat es schwer. Das trifft aber auch auf Kate zu, die schon ein Faible für Männer hat, die die Führung übernehmen und ihr sagen wo es langgeht - so wie ihr Vater halt. Dachte sie zumindest, doch ihr Verflossener hat den Bogen deutlich überspannt. Und was passiert, wenn mit Steve und Kate zwei Unentschlossene aufeinandertreffen? Na klar: der erste Versuch geht grandios daneben: Bei ihrer Hochzeit erwischen Kate und Steve ihre Eltern in flagranti. Das ist zu viel für Steve, der verschwindet und die Feier platzen lässt. Erst als beide wissen, was sie wollen und sich trauen, Regeln zu brechen - da wird es was mit dem Happy-End.
Samantha Ellis beschreibt diese Entwicklung in How to Date A Feminist. Sie spielt in ihren Dialogen gekonnt und witzig mit der seelischen Verfasstheit ihrer Figuren, arbeitet diese sicher heraus. Dabei riskiert sie aber auch manche Längen. Einige entstehen vielleicht auch dadurch, dass Bezüge zu Emily Brontës Roman Wuthering Heights für deutsche Theaterbesuche nicht so offensichtlich sind.
Auch Meinhard Zangers schwungvolle Inszenierung am Wolfgang-Borchert-Theater kann über diese Längen in zwei pausenlosen Stunden nicht hinwegtäuschen. Dennoch gelingt ihm ein schöner Theaterabend, den das Premierenpublikum absolut genießen kann. Zanger setzt die Drehbühne als strukturierendes Element seiner Inszenierung ein. Sie ist einerseits gekonnte Abgrenzung der einzelnen Szenen, gibt den Figuren andererseits stetig neue Räume für ihr kraftvolles Spiel.
Und diese Räume wissen Rosana Cleve und Johannes Langer auf das Feinste zu nutzen. Alle sechs Personen stellen sie dar - und das mit Ausdruckskraft und hoher Individualisierung aller Figuren. Nicht nur Unsicherheit, Angreifbarkeit und Ringen um ihre Persönlichkeit von Steve und Kate arbeiten Cleve und Langer anrührend heraus. Auch die starre Positionierung und das Verharren in Klischees der Eltern machen sie erfahrbar. Mit ihren suggestiv- intensivem Spiel runden Cleve und Langer den Theaterabend ab. Sie setzen How to Date A Feminist das Sahnehäubchen auf und sorgen für einen gelungenen Saisonauftakt an Münsters Stadthafen.