Vom Grill und seiner hochexplosiven Wirkung
Ein Grill soll es sein - ein neuer für die Vereinsfeste des Tennis-Clubs. Für die Zusammenkünfte, bei denen die Mitglieder in Eintracht schöne Stunden verbringen können. Und weil man es halt gern möchte, soll es einer von diesen Luxusmaschinen sein, die landauf landab die Gärten bevölkern. Den Ankauf soll die Mitgliederversammlung mal eben durchwinken, wenn es nach dem Willen des eher autokratisch agierenden Vorsitzenden geht. Geht es in diesem Falle aber nicht. Denn ein Vereinsmitglied ist türkischstämmig. Braucht es für ihn einen zweiten Grill, da er nicht essen darf, was mit Schweinefleisch in Berührung gekommen ist?
Diese Frage ist dazu angetan, nicht nur die Mitgliederversammlung zu sprengen, sondern auch die ganze Bandbreite sämtlicher Vorurteile zum Thema Migration durchzudeklinieren. Das beweisen Dietmar Jacobs und Moritz Netenjakob in ihrem Stück Extrawurst. Im erdachten Vereinskosmos begegnen sie uns alle, die uns auch im täglichen Leben über den Weg laufen: der Neue Rechte, der ja bloß über Patriotismus sprechen will, genauso wie der linke Multi-Kulti und der Migrant der zweiten Generation, der sich beklagt über eine zu lasche Einwanderungspolitik.
Für eine hochexplosive Versuchsanordnung haben die Autoren also gesorgt und auch für die Streichhölzer. Da wird reichlich gezündelt in zwei Mal fünfundvierzig Minuten und im Premierenpublikum bleibt kein Auge trocken. Da macht es dann auch (fast) nichts, wenn bisweilen einige Momente der Ruhe im Pointengewitter gefehlt haben, die dem Stück gut getan hätten.
Monika Hess-Zanger inszeniert das schnelle Spiel um verbalen Aufschlag und Return. Präzise stellt sie Antipoden zueinander, deutet Beziehungen an und zieht das Publikum als Bestandteil der Mitgliederversammlung mitten ins Geschehen hinein. Auf Elke Königs Bühne wird das aufgebaute Buffet eine ganze Weile warten müssen, bevor es vertilgt wird.
Vom großartig agierenden Ensemble wird dieser Abend getragen. Jürgen Lorenzen ist der Vereinsvorsitzende. Eigentlich ist er mit allen Geschäftsordnungs-Wassern gewaschen, muss nun aber erleben, wie alle Tricks versagen. Lorenzen transportiertungläubiges Staunen darüber, gepaart mit einer sehr hohen Meinung von sich selbst - herrlich!
Sein Stellvertreter ist Florian Bender, der Grillbeauftrage. Eigentlich nur Handlanger, entfaltet Bender das ungeheure Selbstbewusstsein eines Rechten. Mit Emphase behauptet er, dass seine Meinung vom „Fremden“ unterdrückt würde.
Markus Hennes ist der türkischstämmige Tennisfreund Erol, als guter Spieler benötigt und als Aushängeschild für Offenheit. Johannes Langer als Torsten und Rosana Cleve als Ehepaar wollen es allen Recht machen. Sie ist Erols Doppel-Partnerin, er einfach ein aufgeklärter, toleranter Zeitgenosse. Doch auch in den Beiden gären vorgefertigte Meinungen. Außerdem wirkt die Eifersucht wie ein Spaltpilz.
Dem Premierenpublikum gefällt die Mischung dieses Abends bestens. Und so konnten Regieteam, Ensemble und die anwesenden Autoren in Beifall geradezu baden.