Übrigens …

Verhaftung in Granada im Köln, Schauspiel

Kafkaeske Realität

Man erinnert sich: Im August 2017 wurde Dogan Akhanli im spanischen Granada verhaftet – auf Verlangen der Türkei, die ihn freilich bereits 1998 ausgebürgert hatte. Die internationale Presse berichtete, die deutsche Diplomatie rotierte. Schließlich hatte der 1957 an der Schwarzmeerküste Geborene seit 2001 nur die deutsche Staatsbürgerschaft. In seinem Buch Verhaftung in Granada rollt er seine Geschichte von Verhaftungen, politisch begründeten Prozessen und dem Auslieferungsverfahren von 2017 auf. Am Kölner Schauspiel erlebte nun, inszeniert von Nuran David Calis, das Lebens-Drama des seit 1992 in Köln lebenden Schriftstellers seine Uraufführung. Kafkas Prozess und Josef K. grüßen von fern.

Calis‘ behutsame, stark auf das Wort konzentrierte Regie, gelingt es gleichwohl, dem Abend auch eindrucksvolle optische Reize abzugewinnen. Kein leichtes Spiel, zumal Akhanlis Stück ein einziger großer Monolog ist: Ein Blick in Vergangenes, Erinnerungen an Erniedrigung und Triumphe, aber auch voller Zuversicht in die Zukunft.

Zwei Männer (Stefko Hanushevsky und Murat Dikenci) und eine Frau (Kristin Steffen) tragen diesen Abend. Akteure, die je nach Situation in die Rolle des Autors, in die seiner Mutter, seines älteren Bruders und seines Vaters verfallen. Nicht immer ist klar, wer wem gerade sein Profil verleiht. Dabei gibt es Szenen, die gerade wegen ihrer Zurückhaltung beeindrucken. So sieht man, gleichwohl kaum wahrnehmbar, des Autors Alter Ego oft nackt und bloß am Rande liegen. Szenen, die die Ohnmacht und Demütigungen des Autors Bild werden lassen.

Dabei beginnt alles mit einem liebenswerten Monolog. Bücherhungrig war der kleine Dogan im kleinen Dorf am Schwarzen Meer schon immer. Seine Mutter wird Bild, dem großen Bruder gilt die Bewunderung des kleinen. Mit alldem war Schluss, als er sich, gerade einmal 17, eine Zeitung namens Rote Fahne gekauft hatte. Zum ersten Mal schnappte der Staat zu. Und das Leben geriet von nun an immer wieder in Unordnung

Heute scheint es in Ordnung. Die Verhaftung und seine letztendliche Freilassung in Granada machten ihn und sein Schicksal weltbekannt. Selbst die New York Times berichtete. Verschüchtert und verlegen lächelnd nahm  er nach anderthalb Stunden den berechtigten Riesenapplaus des Uraufführungs-Publikums in seiner Heimatstadt Köln entgegen.