Kunst und Kurzdramen im Park
Der Hund schläft bei Herrchen im Bett - vielleicht. Aber warum bietet Herrchens undurchsichtiger Geschäftspartner sechsstellige Summen für den unschuldigen Köter? Ist der vielleicht gar nicht so unschuldig? Was wird geschehen, wenn es zum Geschäftsabschluss kommt? Und wer ist am Ende der Cleverste?
Das Paar verhandelt mit dem Immobilienmakler die Ausstattung des Luxusappartements auf den Osterinseln. Aber warum kostet das fast 20 Millionen Dollar? Das Paar leistet schon mal eine Anzahlung…
Ein Paar waren einst auch der Schönheitschirurg und die immer noch recht attraktive Frau. Vor 15 Jahren haben sich die beiden getrennt. Sie verkrafteten das unterschiedlich gut, aber offenbar lieben sie einander immer noch, wenn auch ihre Gefühle ein wenig asynchron erscheinen. Jetzt soll er sie operieren…
Die gestresste Business Woman trifft ihren Mann an der Bar. Doch der... kennt sie nicht. Stattdessen analysiert er die Ehe der fremden Frau. „Ihre Ehe“, sagt er zu ihr, „hat nur noch eine funktionale Struktur.“ Wer ist dieser Robert wirklich? Und wer ist der Ehemann der smarten, nachdenklich gewordenen Frau?
Die Kunstkommission Düsseldorf, Ende 2017 nach langjähriger Diskussion vom Rat der Landeshauptstadt eingerichtet und berufen, ist eigentlich für Kunst am Bau und im öffentlichen Raum zuständig. In Corona-Zeiten hat sie eine geniale Idee gehabt: die Wiederbelebung einer unter Denkmalschutz stehenden historischen Grünanlage im Norden der Stadt. In der alten Villa aus den frühen Jahren des 19. Jahrhunderts residierte ab 1975 der Galerist Alfred Schmela, der den das Herrenhaus umgebenden, 1858 nach Plänen von Joseph Clemens Weyhe gestalteten englischen Landschaftspark für temporäre und dauerhafte Skulpturenausstellungen nutzte. Zuletzt lebte der Künstler Meuser in dem alten Herrenhaus. Aus dieser Zeit befinden sich noch Werke von Kenneth Capps, Michael Gitlin, Erwin Heerich, Meuser und Peter Schwickerath auf dem Gelände. Die Kunstkommission entwickelte nun ein Konzept zur Wiederaufnahme der Ausstellungs-Tradition, wobei die bildende Kunst ergänzt wird um einmalige oder auch wiederkehrende performative Veranstaltungen.
Am 5. Juli eröffnete der erste „Internationale Lantz’sche Skulpturenpark“ mit einer Vielzahl neuer bildhauerischer Werke, die bis September 2020 ausgestellt werden. Die Ausstellung wird begleitet von Performances, Lecture Performances, Artwalks und Kunstaktionen. Für den 9. August hat Stephan Kaluza ein paar Einakter geschrieben, kurze well-made plays, die immer wieder an Geschichten von Roald Dahl erinnern. Harmlos und alltäglich beginnen die vier Episodenstücke, doch schnell stellen sich Irritationen oder zumindest Fragen ein: manchmal zuerst auf der Bühne, wo in „Neumensch“ der Hundebesitzer nicht weiß, worauf das Kaufinteresse seines Gegenübers beruht, manchmal zuerst beim Publikum wie in „Geist und Dunkelheit“, wenn man sich fragt, wieso dieses dekadente Ehepaar, das da vor uns steht, in ein gigantisches Hochhaus mitten im Pazifik ziehen will, das gleichzeitig auch noch die Tops oft he Pops der Finanzunternehmen beherbergen soll. Fragwürdigkeiten und Absurditäten häufen sich, und viele der Episoden enden mit einer überraschenden Wendung, deren schwarzer Humor verblüfft. Die nach Auffassung des Schreibers dieser Zeilen stärkste Episode, nach der auch der gesamte Zyklus benannt ist, endet in einer surrealen Situation, die weder vom Zuschauer noch von den Protagonisten der Geschichte aufgelöst werden kann. Doch ist es nicht nur schwarzer Humor, der in Kaluzas Stücken schlummert und auf den finalen Ausbruch wartet: Viele der Stücke handeln bei näherer Betrachtung auch von moralischen Kategorien unserer Gesellschaft.
Hanna Werth, Philipp Alfons Heitmann und Josia Krug erwecken die Geschichten im Lantz'schen Park auf unterhaltsame, intelligente Weise zum Leben. Heitmann ist der variabelste von den dreien, der mal aufgebracht, mal zynisch, mal verletzt reagiert; Josia Krug ist in seinen beiden Rollen ein Filou, der scheinbar kein Wässerchen trüben kann, aber es faustdick hinter den Ohren hat, und Hanna Werth gelingt es am überzeugendsten, innerhalb einer einzigen dieser nur ca. 15 Minuten kurzen Episoden einer Figur eine Entwicklung zu geben: von der gestressten, etwas zickigen Karrierefrau zur nachdenklichen, zur Überprüfung ihres Rollenmusters bereiten Ehefrau. Das Publikum begibt sich mit den Schauspielern auf Wanderschaft durch den herrlichen Park: Mal wird inmitten von Martin Pfeifles „Orbis“-Installation gespielt, mal mitten auf Christian Odzucks wunderbar alte und neue Elemente des Skulpturenparks miteinander verbindender Arbeit „I don’t want to ruin your willpower“, und zu guter Letzt wird der Eingang zur alten Begräbniskapelle der Familie Lantz aus dem Jahr 1878/79 kurzerhand zur modernen Bar umfunktioniert. „The Park Is Mine“ hat Julia Bünnagel ihr im Skulpturenpark ausgestelltes Werk genannt: Die Schauspieler haben sich den Park auf unterhaltsame Weise angeeignet.