Spiel mit den Geschlechterrollen
Virginia Woolf spielt in ihrem 1928 veröffentlichten Roman Orlando mit den Geschlechterstereotypen „männlich“ und „weiblich“, die kulturell bedingt sind. Sie stellt die Androgynität als Lebenskonzept in den Mittelpunkt. Der Jüngling Orlando verwandelt sich in eine Frau, die erst dann erfolgreich ist, als sie männliche und weibliche Aspekte in sich vereinen kann. Sein bzw. ihr Leben umfasst ca. 350 Jahre. Seine Geschichte erstreckt sich über Epochen, vom 16. Jahrhundert bis in die Gegenwart der Autorin. Orlando trifft auf verschiedene historische Größen, so Königin Elisabeth I.. Von einer aufdringlichen Herzogin verfolgt, flieht er als Gesandter nach Konstantinopel, wo er sich in einem langen Schlaf in eine Frau verwandelt. Als er sich – noch am englischen Hofe – in eine russische Prinzessin unglücklich verliebt, entsteht sein Wunsch, Dichter zu werden.
Lucia Bihler setzte bei ihrer Inszenierung zwei Mitglieder des Schauspiels Köln ein: Yuri Englert und Katharina Schmalenberg. Ferner wirken fünf Tänzer und Tänzerinnen des Ballet of Differnce mit: Margarida Isabel de Abreu Neto, Martina Chavez, Jemima Rose Dean, Mason Manning und Long Zou. Alle sind immer gleich gekleidet, z.B. lange schwarze Röcke, weiße oder hellgrüne Oberteile. Stellen sie doch auch alle Orlando dar.
Die Bühne ist in zwei Symmetriehälften aufgeteilt: zwei Betten, zwei große Handskulpturen, zwei gotische Fenster, zwei Flachbildschirme mit Digitaluhren und zwei langsam schmelzende Eisblöcke: In der Mitte eine Art Varietébühne für Soloauftritte, z.B. von Elisabeth I. oder von einer Tänzerin in schwarzer Lacklederkluft. Albert Dürers Adam und Eva hängen über allem. Die Tänzer haben es nicht leicht, das Geschehen auf dieser überladenen Spielfläche zu illustrieren, welches die beiden Schauspieler zum überwiegenden Teil per Mikro kommentieren. Eine Station nach der anderen in Orlandos Leben wird abgearbeitet, ein Funke springt dabei nicht über. Woran der häufige Einsatz von Windmaschine und Bühnennebel nichts ändert. Und warum Bühnenarbeiter auf einmal fast sämtliche Requisiten abräumen, bleibt unerfindlich. Zum Schluss singt einer der Tänzer in schwarzem Lackkleid „I am Orlando“. Auch das bringt keine wirklich neue Erkenntnis.