Übrigens …

Warten auf’n Bus im Westfälisches Landestheater Castrop-Rauxel

Alles und Nichts aus der ostdeutschen Pampa

Warten auf’n Bus heißt eine achtteilige Fernseh-Serie vom Rundfunk Berlin-Brandenburg, die im Jahr 2020 startete und seit November 2021 bereits in einer zweiten, dieses Mal siebenteiligen, Staffel läuft. Die Serie wurde 2020 als beste Comedyserie für den Deutschen Fernsehpreis nominiert und 2021 für den Grimme-Preis im Wettbewerb Unterhaltung. Verlag und Fernsehsender bieten die erste Staffel mit acht Folgen zur Theaterbearbeitung an. Das Theater Bielefeld brachte Warten auf’n Bus im vergangenen Jahr zur Uraufführung, jetzt zog das Westfälische Landestheater Castrop-Rauxel nach.

Wir haben eine fast klassische Theatersituation. Ein Ort, eine Handlung. Das Bühnenbild zeigt eine etwas triste Busstation mit Wartehäuschen, einem gelben Bushalteschild, daneben eine Kiste auf der steht: „Streugut“. An dieser Endhaltestelle einer Buslinie sitzen zwei Männer und ein Hund. Sie wollen nicht mit dem Bus irgendwo hinfahren, sondern sich nur treffen, reden über nichts und alles, über ihre Vergangenheit in Tanz- und Boxclubs, als glücklose Partner von Frauen, als arbeitende Menschen in der DDR und als arbeitslose, Hartz IV-Empfänger im vereinten Deutschland.

Ralf (genannt Ralle) und Hannes treffen sich Tag für Tag, trinken Bier, kebbeln sich freundschaftlich, auch mal ernsthafter. Zwei schräge Loser mit Mutterwitz. Beide schwärmen von der schönen Busfahrerin Kathrin (Franziska Ferrari), die jeden Tag an der Endhaltestelle ein paar Minuten Kaffee-Pause macht. Bei der Kontaktaufnahme mit ihr sind die Männer gehemmt. „Die ist oberste Liga. Nüscht für Sterbliche“. Ralf will sich ihr nähern, indem er moderne Medien ins Spiel bringt: Eine selbst designte Visitenkarte, die auf seine Webseite hinweist. Hannes unkt: Du hast ne Visitenkarte? Wat steht denn da droff? Sir Ralle, uralter Hartz-IV-Adel? Nein, antwortet sein Freund mit Würde: „Ralf mit F.“ Das ist Tonfall mit dem die beiden sich verbal duellieren. Und dazu haben sie einen brillant geschrieben Text, der die Umgangssprache gekonnt literarisiert. Nur die Annäherung an die Busfahrerin klappt nicht.

Es gibt nicht nur diese drei Figuren, noch zwei andere, etwa Meike (Simone Schuster), die Nichte von Johannes, die für ein Projekt im Gymnasium Berlin-Charlottenburg mit einem Freund als Kameramann echte knackige Ostler interviewen soll. Dafür scheinen die beiden wie geschaffen, aber sogar daran scheitern sie.

Regisseur Ralf Ebeling, Intendant in Castrop-Rauxel, setzt ganz auf die Spiellaune der beiden Hauptdarsteller. Mario Thomanek und Mike Kühne machen das großartig, halten den berlinisch-brandenburgischen Akzent gut durch und bringen diese Loser-Typen mit trockenem Humor und Mutterwitz auf die Bühne. Man muss sie einfach mögen.

Fragt sich: Gibt es einen Surplus gegenüber dem Fernsehen? Sehr gut gespielte schräge Figuren sind Hannes und Ralf auch im der TV-Serie, aber das Theater zeigt hier auch seine Eigenheit. Die Kamera im Film hält meistens auf den, der gerade redet. Im Theater ist immer auch der Nicht-Redende im Blick. Ein Film muss real daher kommen, also das Wartehäuschen muss in einer wirklichen Landschaft stehen mit Wiese dahinter oder Wald. Und wenn ein Hund dabei ist, dann muss es auch ein Hund sein. Auf der Bühne darf es auch mal surreal zugehen. Das nutzt der Regisseur hier, indem er etwa den Hund sehr komisch von einem Schauspieler (Tobias Schwieger) spielen lässt. Theater ist freier in den Mitteln, löst mehr Phantasie im Kopf des Zuschauers aus. Zudem ist es für so eine Satire wirkungsvoll, wenn gemeinschaftlich gelacht oder geschmunzelt wird. Und das erreicht dieser Abend.

Ganz zufrieden stellt die Vorstellung aber nicht. Die beiden Hauptdarsteller sind sehenswert, die Inszenierung wirkt eher unausgereift. Die Nebenfiguren, etwa die Busfahrerin, sind sehr unscharf gezeichnet. Ganz unnötigerweise und verwirrend wird manchmal der Vorhang zugezogen für kleine Bühnenbild- oder Kostümänderungen. Trotzdem: Der Text rettet alles. Er ist spritzig und locker geschrieben, zeigt ostdeutsche Befindlichkeit anders als sie oft dargestellt wird, komisch mit einem tragischen Kern. Insofern: Durchaus sehenswert.