Der Diener zweier Herren im Schauspielhaus Düsseldorf

Alleskönner Truffaldino

Als Carlo Goldoni 1746 sein Stück Der Diener zweier Herren schrieb, war die Zeit der Commedia dell’arte schon fast vorbei. Fast 200 Jahre lang hatte diese sehr wichtige und lebendige Form des europäischen Stegreiftheaters das Bühnengeschehen geprägt. Ursprünglich entstanden im Mittelalter irgendwo auf italienischen Marktplätzen. Gaukler und Marktschreier erzählten kleine Geschichten, um das Publikum zu amüsieren, komische Nummern, vorgetragen mit großen Gesten und übertriebener Mimik. Die Klicheefiguren wie z. B. der strenge Vater mit der hübschen Tochter oder der clevere Arlecchino/Truffaldino wurden immer mehr ausgefeilt, um das Publikum zum Lachen zu bringen. Sie waren albern und oft lächerlich, zudem fest verwurzelt in der gesellschaftlichen Hierarchie: sie waren Diener oder Herr, Magd oder Herrin. Goldoni brach mit der Tradition, als er seinen Schauspielern erklärte, dass sie von nun an Text lernen mussten, anstatt zu improvisieren. Das Publikum reagierte begeistert, weil sich nun mehr die Wirklichkeit im Bühnengeschehen spiegelte. Das Personal der Commedia dell’arte bestand jedoch nach wie vor aus neun Figuren, die als „Masken“ bezeichnet wurden, da bei den meisten Figuren Masken zum Einsatz kamen. Es gab eine feste hierarchische Ordnung, die den Anlass für manche Konflikte gab. Wenn z. B. ein Diener versuchte, seinen Herren zu täuschen.

In der Düsseldorfer Open-Air-Inszenierung von Der Diener zweier Herren erinnert Maximilian Lindners Bühnenbild - eine schlichte Bretterbühne - an die Bauten der Wandertheatertruppen. Kostüme und Bewegungsweisen der Akteure beinhalten bestimmte Elemente der Commedia. Natürlich auch das Spiel unter freiem Himmel.

Worum geht es in Der Diener zweier Herren? Silvio, der Sohn von Dottore Lombardi, liebt Clarice, die Tochter des Pantalone de‘ Brisognosi. Die Hochzeit soll im Gasthof des Wirtes Brigella in Venedig stattfinden. Wäre da nicht der ursprüngliche Anwärter auf Clarices Hand, Federigo Rasponi aus Turin. Angeblich bei einem Duell mit dem Liebhaber seiner Schwester Beatrice ums Leben gekommen. Aber nun platzt Florindo Aretusi in die Feier. Lügen, Verwechslungen, Täuschungen liegen auf der Hand. Und mittendrin Truffaldino, ein Diener und Lebenskünstler. Weil er viel Hunger hat, dient er gleichzeitig zwei Herren. Denen tischt er oft die gleichen Geschichten auf und versucht, aus allem seinen Gewinn zu ziehen. Zudem mischt er bei den Irrungen und Wirrungen der Liebesspiele kräftig mit.

Das Spiel auf dem Platz vor dem Düsseldorfer Schauspielhaus erinnert an das Spiel auf den Jahrmärkten. Zum Glück gab es bei der Premiere, wo es recht kalt war, Kissen und Decken für die Zuschauer. Neun hölzerne Bühnen mit diversen Rundbogenportalen, die so an vielen Stellen schnelle Auf- und Abgänge ermöglichten, erinnern ebenfalls an vermutlich genauso schlichte Requisiten zur Hochzeit der Commedia dell`arte. Killian Ponet ist die Idealbesetzung des quirligen, stets auf sein Wohl bedachten Truffaldino, der mitunter arg in Bedrängnis gerät. So, wenn er Gepäckstücke oder Briefe seiner verschiedenen Herrschaften im Tumult verwechselt. Regisseur Robert Gerloff gelingt es, die turbulente, amüsante Spielweise der Commedia auf die Bühne zu zaubern. Überzogene Gesten und viel Pantomime gehören dazu. Musiker untermalen zuweilen die Stimmung. Witzige Einfälle wie die Sprache des Vaters Lombardis (Rainer Philippi): „Lass Papi nur machen“ oder sein Auftrag an den Sohn, der zu einer am Rande des Spielfeldes gelegenen Eisdiele geht („Nur zwei Kugeln im Hörnchen, keine Sahne!“) lockern die ohnehin heitere Stimmung noch mehr auf. Andreas Grothgar als Pantalone ist ein Geizhals, der immer nur an sein Geld denkt. Judith Bohle glänzt als Beatrice Rasponi, die als Federigo unterwegs ist. Köstlich Gesa Schermuly als pfiffige Dienstmagd Smeraldina, die auch nie die eignen Interessen aus dem Blick verliert. Celia Palminha gelangen wunderbare knallbunte Kostüme, die allein schon gute Laune verbreiten. Umso mehr, als zuweilen die Figuren dreifach oder noch häufiger auftreten. Höchst unterhaltsam Silvio Lombardis (Valentin Stückl) immer wiederholter Satz: „Ich bin Silvio Lombardi.“. Schnell wird er zum „running gag“ des Abends.

Ein sehr unterhaltsamer Abend, dank witziger Ideen, guter schauspielerischer Leistungen (hier sind auch die mitwirkenden Studierenden des Schauspielstudios der Hochschule für Musik und Theater „Felix Mendelssohn Bartholdy“, Leipzig zu nennen) und manch treffender Songs.

Sehr begeisterter Applaus nach diesem Gute-Laune-Abend.