Übrigens …

Die Geschichte vom Löwen, der nicht malen konnte im Schauspielhaus Düsseldorf

Noch nie haben Tiere besser gemalt

Im Hofgarten - zwischen Schauspielhaus und Theatermuseum - werden auf dem Rasen Matten ausgerollt - blau, gelb, grün - und die erwartungsvoll herumstehenden Kinder und sonstigen Besucher aufgefordert, darauf Platz zu nehmen.

Zwei junge Frauen in kurzen Jeans und T-Shirts stellen sich vor: „Ich bin Caro“ und „ich bin Diana“. Dann binden sie sich Gürtel mit fast zwei Meter langen Schwänzen um und setzen sich mächtige, vielfarbige Mähnen-Perücken auf. Da werden aus dem Ensemblemitglied Caroline Adam Bay der Löwe und aus der als Gast mitwirkenden Schauspielerin und Musikerin Diana Natalia Seyerle die Löwin. Der Löwe berichtet, dass er sich gerade heute vor zwanzig Jahren in seine Löwin verliebte und dass er ihr zum Jahrestag einen Liebesbrief schreiben werde. Den Schreibversuch richtet er an die liebe, tolle, charmante, lustige, spaßige Löwin (ein Text, der nicht im Bilderbuch vorkommt) und mit dem der Löwe dann auch nicht zufrieden ist. „Post für die Löwin? Da geht doch noch mehr! Ein Buch wäre besser - ein Kunstwerk muss her. Groß war das Glück, schnurrig und wild. Ich glaube, ich male der Löwin ein Bild.“ Bevor er zu malen beginnt, berichtet er noch, was er in all den Jahren von der tollen Löwin lernte: schreiben, lesen, zählen, kochen, schlafen - da macht er eine Denkpause und aus dem Publikum ergänzt jemand „schwimmen“; es ist der Buchautor Martin Baltscheit, der aushilft. Für Baltscheit-Fans ist klar: zu all diesen Fähigkeiten erschienen in den vergangenen zwanzig Jahren Löwen-Bücher, das erste, Vom Löwen, der nicht schreiben konnte, genau vor zwanzig Jahren. So feiert das Theater mit der Aufführung nicht nur das Jubiläum der Liebe des Löwenpaares, sondern auch seiner Erschaffung.

Der Löwe kann Kinder auf lustvolle, witzige Weise inspirieren, in diesem Fall fürs Malen,“ sagt der Buchautor und lässt den Löwen „Savanne und Berge, ein Baum himmelwärts, Früchte und Blätter, die Rinde mit Herz“ malen, ein Bild, das wir im Buch auch sehen können, im Theater hören wir zwar den Text, als Malergebnis erscheint aber mal ein Fleckenbild à la Pollock, mal ein Riesengesicht aus dem Smiley-Repertoire. Und während der Löwe zunächst zufrieden mit seinem Werk ist, „Nie haben Maler besser gemalt“, verwandeln sich die beiden Schauspielerinnen in eine Prozession unzufriedener, besserwisserischer Betrachter, die am Bild des Löwen verschlimmbessern: die Echse sprayt wahllos darauf herum, der Panther überklebt es mit einem Druck aus der Kiste, die Schlange umwickelt es mit gelber Glitzerlitze, bevor es der Mistkäfer mit Dreck beschmeißt und der Marienkäfer seine Punkte hinterlässt. Phantasievoll und auf witzige Weise typisch sind die Kostüme von Martina Lebert, in die die zwei Schauspielerinnen blitzschnell schlüpfen, bevor dann plötzlich der Löwe mit Gebrüll erscheint und total unzufrieden mit dem Ergebnis jammert: „Ich brauche doch was richtig Großes für die Löwin.“ Da kommt ihm die Idee des Tages: Er wendet sich an die Kinder und fragt sie: „Macht ihr mit?“ Natürlich machen sie mit. Drei Kunstvermittlerinnen stehen bereit, aus sechs großen Holzkisten zaubern sie tolles Material hervor: farbiges Papier, Stoffreste, Kordeln, Wollknäuel, Stöckchen, Textfetzen, Kleber, Scheren, Sprühfarben, Farbdosen, in die die Kinderhand passt, um am Ende, wenn das große Kunstwerk fertig ist, es mit all den Kinderhänden zu signieren. Denn all die Einzelcollagen werden auf ein viele Meter langes Fries geklebt und an ein Seil zwischen die Bäume gehängt. Später wird es im Theatermuseum ausgestellt. „Nie haben Maler besser gemalt“, konstatiert der Löwe zufrieden - sowohl im Bilderbuch als auch auf der Bühne, wobei wir den Spruch nur auf der Bühne von jedem der vielen Mal-Tiere selbstzufrieden hören.

Zu der kreativen Mal- und Bastelarbeit spielt Diana Natalia Seyerle eigene Kompositionen auf der Gitarre und fordert uns alle auf, am Ende in das Liebeslied „Ich liebe dich mit Haut und Haar“ einzustimmen.

Eine schöne Idee, das Bilderbuch als Mitmachtheater zu adaptieren. Die Kinder, in der Mehrzahl im Vorschulalter, folgen dem Spiel höchst aufmerksam und machen dann auch begeistert mit beim Malen, Basteln und Präsentieren.

Das Publikum ist zweifellos mit dem Regisseur Fabian Rosonsky und der Dramaturgin Kirstin Hess der Meinung, dass der Löwe an diesem sonnigen Samstagnachmittag mit den Kindern im Hofgarten das Malen lernt und seiner Löwin ein Liebesgeschenk machen kann... Auch Martin Baltscheit, der Bilderbuchautor, bastelte eifrig mit. Ein Bild aus seinem Buch kommt allerdings in der Adaption nicht vor. Auch das Buch lag nicht aus. Schade, denn es lohnt, es sich anzusehen.