Slapstick, gepaart mit vielen emotionalen Momenten
Richard Bean, 1956 in East Hull geboren, arbeitete als Psychologe und Stand-up-Comedian, bevor er mit 40 das Schreiben für sich entdeckte. Er konnte mit seinen Stücken mehrere Erfolge in Großbritannien und in den USA verbuchen, insbesondere mit „One Man, Two Guvnors“, das 2011 am National Theatre in London zur Uraufführung kam. Richard Bean nimmt mit seiner Komödie Bezug auf Carlo Goldonis Klassiker „Der Diener zweier Herren“ (1746), dem großen Erfolg Goldonis. Ein Werk, das noch sehr an die Zeit der Commedia dell“arte, diese sehr lebendige Form des europäischen Stegreiftheaters erinnert. Wobei Goldoni als erster seinen Schauspielern erklärte, dass sie einen Text lernen mussten. Richard Bean übernimmt Goldonis Plot, verlegt das Geschehen aber in die Gangsterwelt von Brighton im Jahr 1963. In der Inszenierung von Philipp Moschitz passen sowohl Kostüme wie Bühne wunderbar zu dieser Zeit.
Auch in Beans Komödie steht ein Diener, Francis (absolut herausragend Philippe Ledun) im Mittelpunkt, der zwei Chefs hat, weil er chronisch unter Geldmangel leidet, und er ist, ebenso wie Goldonis Truffaldino, schnell überfordert. Natürlich dürfen die Chefs nichts voneinander wissen. Da ist einmal Rachel, die inkognito als ihr Zwillingsbruder Roscoe verkleidet auftritt ( Nelly Pollit) und zum anderen ihr Geliebter Stanley (Simon Rußig), der auf der Flucht ist, weil er Roscoe in Notwehr getötet hat. Zum Bühnenpersonal gehören ferner der Gangster Charlie Clench (Carl-Ludwig Weinknecht), seine Tochter Pauline (Katrin Hauptmann), die eigentlich Roscoe heiraten sollte und nun mit dem Möchtegern-Schauspieler Alan Dangle (Benjamin Schardt) verlobt ist, dessen Vater Harry Dangle (Stefan Schleue), Clenchs Sekretärin Dolly (Anna Sonnenschein) und Lloyd, ein Freund von Clench (Julian Culemann). Natürlich gibt es immer wieder Verwirrungen und Missverständnisse.
Ein ungemein temporeicher Abend mit viel Slapstick und überraschenden Auftritten. Zum beschwingten Spiel gehören unbedingt die Songs, die Bean von Grant Olding hat komponieren lassen. Begleitet von der Liveband Skiff & The Swivlers (Tilman Brand, Gitarre, Korbinian Kugler, Bass, Johannes Pfingsten, Percussion) singen und steppen die Schauspieler, was das Zeug hält. Alle sind gesanglich gut drauf. Sie stehen schon bei Einlass auf der Bühne und tanzen und singen. Der gute Laune-Abend ist programmiert. An dieser Stelle sei noch einmal der Ausnahmeschauspieler Philippe Ledun als spitzbübischer, zuweilen überforderter, quirliger Mittelpunkt gelobt. Köstlich, wenn er das Saallicht anknipst und jemanden aus dem Publikum um ein Sandwich bittet, hat er doch solchen Hunger. Oder eine Dame aus der 1.Reihe auffordert, ihm beim Tragen eines angeblich schweren Koffers zu helfen. Zahlreiche Regieeinfälle verstärken den Comedyeffekt. So öffnen und schließen sich an den verschiedensten Stellen der Bühnenwand Luken, die überraschende Auftritte bzw. Abgänge ermöglichen. Ein höchst vergnüglicher, perfekt inszenierter Abend, der keine Sekunde langweilig ist. Zu Recht langer, sehr herzlicher Beifall.