Nicht jede Bühnenadaptation eines Romans ist ein Erfolg
Yasmina Reza, französische Erfolgsautorin mit jüdischen Wurzeln, wurde bekannt durch „Kunst“ und „Gott des Gemetzels“. Beide Werke wurden erfolgreich auf verschiedenen Bühnen aufgeführt.
Das Wiener Akademietheater brachte die Bühnenfassung des 2021 erschienenen Romans Serge als Uraufführung heraus. Das Düsseldorfer Schauspielhaus konnte daher seine Premiere nur als deutsche Erstaufführung betiteln.
Worum geht es? Die Poppers sind eine jüdische Familie in Paris. Die Mutter stammte aus Ungarn und sie entkam den Deportationen 1944.Beide Eltern sprachen nie über ihre Erfahrungen und Erinnerungen, zumal „Maman“ die Opferrolle ablehnte. Serge ist auch eine turbulente Familiengeschichte, die wegen der humorvollen, spitzen Dialoge, wie sie eine Spezialität von Reza sind, höchst unterhaltsam für das Publikum skizziert wird. Da ist Serge, der Älteste. Er ist Unternehmensberater und zuweilen anscheinend in windige Geschäfte verwickelt. Josephine ist seine Tochter aus erster Ehe. Nana, „der Liebling unserer Eltern“, ist verheiratet mit Ramos Ochoa, der nicht gerade der Traumschwiegersohn des Vaters gewesen wäre. Der Jüngste, Jean Popper, lebt allein. Josephine (erfrischend eigenständig und gegen den Vater, der immer meint, alles besser zu wissen, rebellierend: Sophie Stockinger) entscheidet sich nach dem Tod der Großmutter, nach Auschwitz zu fahren und der eigenen Familiengeschichte auf den Grund zu gehen. Es gelingt ihr, Serge, Nana und Jean zur Mitreise zu bewegen, obwohl diese alle ihre eigenen Sorgen beruflicher und privater Art haben. Kein Wunder, dass die „Studienfahrt“ alte Konflikte aufbrechen lässt. Vor allem Serge – Andreas Grothgar gibt diesen egozentrischen Kotzbrocken recht überzeugend. Ständig kritisiert er alles, hat keinerlei Interesse an dem Ausflug und lässt sich auch von der bemühten Nana (Claudia Hübbecker) nicht animieren, Interesse an der Judenrampe oder an den Gaskammern auch nur zu heucheln. Thomas Wittmann spielt Jean, einen milden, immer vermittelnden Mann, der oft auch am Rande der Bühne stehend die Rolle des Erzählers übernimmt.
Viel interessanter Stoff und gute Schauspieler. Warum ist dann dieser Abend, den Selen Kara, eine der zwei zukünftigen Intendantinnen des Essener Schauspielhauses, inszenierte, häufig so langatmig?
Schon das Bühnenbild ist recht monoton. Wir sehen drei Portale, die manchmal bewegt werden, um mehr Tiefe anzudeuten. Eingerahmt sind sie von Neonröhren. Die Beleuchtung wird ab und an variiert. Vier Metallkoffer sind Symbole für die Reise, dienen aber auch mal als Sitze in einem Auto, also Vielzweckrequisiten. Sonst gibt es nichts. Die Schauspieler stehen häufig herum, agieren wenig.
Es ist bedauerlich, dass diese Bühnenfassung nicht zünden will und man diese Mischung aus Erinnerungsreise und Familienstreitereien nicht unbedingt bis zum Ende mit viel Aufmerksamkeit verfolgt.
Höflicher Applaus.