„Wenn unser Leben so einfach wäre“
Nick Payne, Jahrgang 1984, nutzt, wie immer mehr britische Dramatiker, die Naturwissenschaften, um menschliche Gefühle und Erfahrungen darzustellen. Sein Werk Konstellationen bezieht sich dabei auf die Viele-Welten-Theorie der Quantenphysik, indem mehrere Varianten des Aufeinandertreffens des Imkers Roland und der Quantenphysikerin Marianne durchgespielt werden.
Jannike Schubert und Paul Steinbach spielen in vielen Szenen, die oft wiederholt und dabei minimal abgeändert werden, um so unterschiedliche Aspekte eines Zusammentreffens zu beleuchten, dieses Paar auf ungemein berührende, intensive Weise.
Wir erleben sie bei ihrem ersten Zusammentreffen, aber auch in einer Phase des Voneinander-Entfernens. Wir fühlen mit, wie sie sich trotz ihrer verschiedenen Lebensumstände – sie als Quantenphysikerin: („Wir sind nur Teilchen“), er als Imker – annähern, lieben lernen, trotzdem beide fremdgehen, um dann festzustellen, dass sie miteinander glücklich sind. Durch die Wiederholung der einzelnen Momentaufnahmen taucht auch der Zuschauer in das Wechselbad der Gefühle – Liebe, Enttäuschung, Unsicherheit, Angst – von Marianne und Roland ein. Er macht ihr sogar einen Heiratsantrag. Und das auch nicht nur einmal.
Letztlich zentral die Szene, in der Marianne von ihrem Tumor erzählt, von ihrer Angst als bisher eloquente Wissenschaftlerin, die Sprache zu verlieren. Bewegend, wie Jannike Schubert die Mühe, Wörter zu finden, erklärt („Ich bin so müde.“). Auch die Erinnerung an ihre Mutter quält sie, hat sie doch Angst, wie diese zu sterben. Bei der Wiederholung auch dieser letztlich finalen Situation wird die Lage immer bedrohlicher. Sie kann keine Sätze mehr bilden, auch bei dem Gespräch über Sterbehilfe. Roland versteht ihre Hoffnungslosigkeit nicht, ebenso wenig ihren endgültigen Entschluss (Marianne: „Ich muss eine Wahl haben…Kontrolle..“).
Das Bühnenbild passt fantastisch zu dem Inhalt dieses Ausnahmeabends. Eine Drehbühne mit verschieden hohen Ebenen, die mal vor, dann zurückgedreht wird, erlaubt zahlreiche verschiedene und doch sich auch wiederholende Auf- und Abgänge. So wie sich die Dialoge wiederholen und ergänzen. Der Raum ist dunkel gehalten, an der Bühnenrückwand tanzen Lichtpunkte, die zuweilen wie ein Sternenhimmel aussehen.
Nachdem Marianne ihren Entschluss gefasst hat, bewegen sich die beiden Protagonisten in entgegengesetzte Richtungen. Es wird dunkel. Und dann noch einmal hell. Dem Zuschauer bleibt es überlassen, ob dieses letzte Bild ein Rückblick sein könnte.
Ein Abend, den man unbedingt ansehen und erleben sollte, absolut einmalig. Ein Thema, mit dem jeder sich konfrontiert sehen könnte. Und vor allem zwei exzellente Schauspieler.Großes Lob, auch für die junge Regisseurin. Standing Ovations, die nicht enden wollten.