„Die Liebe ist wie eine Komödie. Man sieht sie immer wieder gern, aber man lacht nicht mehr so oft.“
Beaumarchais‘ Komödie Der tolle Tag oder Figaros Hochzeit entstand 1781. Drei Jahre lang war sie verboten - nahm doch der Autor die höheren Stände und den Adel kritisch aufs Korn -, dann wurde sie am 27.4.1784 in Paris uraufgeführt. Beaumarchais wurde als Sohn eines Uhrmachers geboren und kaufte sich den Adelstitel „de Beaumarchais“ erst viele Jahre später. Im Laufe seines turbulenten Lebens war er Hofuhrmacher und Hofbeamter. Später machte er sich einen Namen als Waffenhändler und Verleger.
Worum geht es? Figaro, der Protagonist der Komödie um turbulente Gefühle und Beziehungsdramen, will seine Braut Susanne heiraten. Am Tag der Hochzeit erfährt er, dass sein Herr, der Graf, Susanne nachstellt. Eine frühere Freundin Figaros, Marzelline, bietet zusätzlich Ärger, beruft sie sich doch auf ein Eheversprechen- Figaros. Ausweg aus dieser verqueren Lage bieten Intrigen und Täuschungsmanöver.
In Düsseldorf kam auch dieses Jahr eine Open-Air-Inszenierung auf dem Gustaf-Gründgens-Platz zur Aufführung. Eine ganz andere Form als Theater im geschlossenen Raum, durchaus reizvoll und nicht zuletzt auch an die Tradition der Commedia dell’Arte anknüpfend. So war letztes Jahr auch zum Ende der Spielzeit hin eine äußerst gelungene Produktion von Goldonis Diener zweier Herren hier zu sehen.
Andreas Kriegenburg inszenierte nun Figaros Hochzeit. Auch er konnte sich auf den Charme dieser ganz anderen Vorstellung verlassen, auf den Reiz einer ungewohnten neuen Spielstätte. Warum musste er auf der Grundlage der Übersetzung von Wolfgang Kaus (der u.a. Stücke von Moliere, Shakespeare und Goldoni für den Frankfurter Dialekt übersetzt und bearbeitet hat) die Handlung ins hier und Heute übertragen und dabei krampfhaft so viele in unserer Zeit gängige Termini („Ich krieg dich, du kranke Bitch.“, WhatsApp, gerne oft „Fuck“) einbauen und zum Teil unendlich oft wiederholen lassen? Mehr Schwung gab dies der ursprünglichen Komödie sicher nicht. Kriegenburg macht aus dem Adelshof die Firmenzentrale eines großen Tech-Konzerns. Liebe als Geschäft, so das Firmenmotto. Figaro ist Programmierer und hat eine Dating-App entwickelt. Alle Akteure arbeiten natürlich für „Tomorrow“. Der Graf mit dem schönen Namen Ludwig von Gestern mutiert zum Chef. Susanne ist die PR-Chefin und so „Head of Communication“. Running Gags sind ein Merkmal dieses Abends. So der ständig betrunkene und mit dem Gartenschlauch kämpfende Gärtner (Andreas Grothgar). Alle beklagen sich ständig über die ausgefallene Klimaanlage im Haus. Diverse Statisten spazieren über den Platz, so zwei Nonnen oder eine elegante Dame mit Hund. Ein Hotdog-Stand wird gern von den Akteuren frequentiert. Wobei sich immer wieder flache Witze in Bezug auf „Würstchen“ machen lassen, die an Scherze pubertierender Pennäler erinnern. Die Schauspieler müssen unendlich oft auf den Holzstegen hin- und herrennen. Aktionen zur Verdeutlichung der turbulenten Gefühle?
Die Schauspieler geben ihr Bestes, allen voran Florian Claudius Steffens (Figaro), Pauline Kästner (Susanne), Florian Lange (Graf), Cathleen Baumann (Gräfin) und Judith Rosmair (Marzelline). Sie verstecken sich in Partyzelten und oft in einem auf der Seite stehenden Dixi-Klo. Insgesamt wird bei weitem viel zu viel geschrien und in Aktionismus gemacht. Und der Abend zieht sich. In der Pause gingen etliche Zuschauer. Im zweiten Teil wurde es etwas ruhiger auf der Bühne, was dem Spiel nur guttat.
Schade, denn an sich ist so eine zusätzliche Spielstätte doch eine Chance, auch neue Zuschauer zu gewinnen, wie der Diener zweier Herren zeigte.
Dennoch: das Ensemble ist zu loben, setzte es doch auch diese sehr andere Version des ursprünglichen Stoffes engagiert um.