Keinen Moment Ruhe...
Eine Stunde Ruhe von Florian Zeller: Ein französisches Gesellschaftsstück - mal nicht von Yasmina Reza. Und doch gelungen. Der Protagonist Michel (Thomas Wehling) ist glücklich: Er hat ein lang ersehntes Stück Vinyl für seine umfangreiche Schallplattensammlung endlich endlich ergattern können. Kaum zuhause, will er die Platte auch gleich auflegen und unter allen Umständen ungestört hören, nein genießen. Der Cognac steht neben dem Sofa bereit und die treuliebende Gattin hinter der Küchentür. Die unterbricht gleich die ersten Takte, weil sie dringend mit ihrem Gatten etwas besprechen möchte... Es folgen Unterbrechungen durch den polnischen Fachmann für Wohnungsrenovierung, durch den depressiv veranlagten Sohn aus der Wohnung drüber, durch den polnischen Nachbarn aus der Wohnung drunter, durch die nach einem verweigerten Telefongespräch die Wohnung stürmende Geliebte und zu guter Letzt durch den besten Freund. Alle haben oder wollen etwas Dringendes mit Michel (zu) besprechen. Schnell wird klar, dass sowohl die Gattin wie auch die Geliebte sowie der beste Freund wegen kreuzweiser unehelicher Beziehungen Gesprächsbedarf anmelden möchten. Sie fallen sich aber immer lautstark ins Wort, wenn‘s zum Schwur, nein zum Geständnis kommen soll. Und da stören dann natürlich die anderen mit ihren kleinlichen Anliegen wie Nachbarschaftsfest, Wohnungsumwidmungen und Renovierungsproblemen ganz erheblich. Sie werden immer wieder lautstark abgewimmelt. Neben zum Teil erheblicher und störender Lautstärke betört die Inszenierung von Raphaela Möst mit klug gesetzten Pointen und vor allem einer hinreißenden Akrobatik. Die Bühnenbildnerinnen Anna Sörensen und Lydia Peters durften sich im Verlaufe der Inszenierung zu einem Erdbeben steigern. Will sagen, der polnische Fachmann für Renovierung war ein unerfahrener Franzose, der dringend den Job brauchte... Rauschender, verdienter Beifall für ein glänzend eingespieltes Ensemble.