„Dieses Meeting hat allein den Zweck, dass es stattfindet.“
Toshiki Okada, 1973 in Yokohama geboren, gehört zu den führenden japanischen Theaterleuten. Jetzt kam sein Stück Homeoffice unter seiner Regie als Uraufführung in Düsseldorf heraus.
Okadas Inszenierungen zeichnen sich dadurch aus, dass die Darsteller ihre Gedanken und Gefühle durch choreographische Bewegungen ausdrücken und nicht in erster Linie durch Worte. Ein für uns recht ungewöhnlicher Ansatz. Für Okada gibt es eben zwei Ebenen: den von den Schauspieler:innen gesprochenen Text, der bestimmte Informationen enthält, einerseits. Andererseits machen sie Hoffnungen, psychische Belastungen und Zwangsneurosen durch Bewegungen sichtbar.
In Homeoffice, seiner ersten Arbeit am Düsseldorfer Schauspielhaus, beschäftigt sich Okada mit dem inzwischen sehr vertrauten Phänomen, das Einfluss auf Familienleben, Büroarbeit und Gesellschaft hat. „Für die internationale Kooperation sind Videokonferenzen eine geniale Erfindung, hat doch jeder mit jedem Kontakt“, so der Soziologe Dirk Baecker. Er weist aber auch darauf hin, dass man die Kollegen nur sehr eingeschränkt erlebt. Emotionen werden kaum ausgetauscht.
Okada lässt in seiner Inszenierung die Zuschauer beobachten, wie die Schauspieler miteinander nur über Bildschirme sprechen. Die Bühne zeigt auf zwei Ebenen übereinander sieben verschiedene Bereiche bzw. Wohnräume, in denen die Akteure leben, skurrile Bewegungen ausführen und mit den anderen Mitgliedern der Firma kommunizieren. Nach einem „Glücksversprechen“, von dem nicht klar ist, ob es der KI zuzuschreiben ist, brach ein Shitstorm in den sozialen Medien über die Firma herein. Eine Antwort, wer verantwortlich ist, wird nicht gegeben.
Man schaut den Akteuren zu und gewöhnt sich langsam an ihre stereotypen Bewegungsabläufe. Okada beschreibt es so: Er glaube an die Imagination, womit der die Fähigkeit meint, Geister sehen zu können. Und diese Imagination ließe, so seine Meinung, die im Kontrast zum gesprochenen Wort ausgeführten Bewegungen machen. Welche wiederum für die einzelnen Personen typisch sind.
Wir sehen die junge Frau (Blanka Winkler), die gerade umgezogen ist und inmitten großer Kartons sitzt. Zeitweise hat sie kein WLAN - ist das wichtig für ihre bloße Existenz? Thomas Hauser turnt in seiner trendy Wohnküche herum und erzählt von dem Roman, den er schreibt. Wobei die Küche ideal sei als „Ort der Rache, wo die Messer zugänglich sind“. Belendjwa Peter sitzt in seinem Lieblingscafé, auch er schreibt einen Roman. Er meint dazu: „environment has a big influence on him writing a novel“. Alle Texte werden über der Bühne in Englisch, Deutsch bzw. Japanisch angezeigt. Rainer Philippi sitzt in einem altmodischen Wohnzimmer mit Gitarre und grübelt, welchen Körperteil man idealerweise im Laptop zeigen sollte. Er erinnert sich an die Zeit, als die Computer noch groß waren und man glaubte, das Internet würde die Menschen befreien.
Auch die anderen Firmenmitglieder leben im eigenen Kosmos - zu nennen wären: Sonja Beißwenger, Kilian Ponert und Claudius Steffens. Ab und zu wird gesungen, der Abend plätschert dahin. Was durchaus häufig sehr amüsant ist. Alle Akteure überzeugen durch ihr Spiel und hier besonders durch ihre phänomenale Akrobatik. Man erfährt nichts Neues, wenn die Einsamkeit der in ihren Welten eingekapselten Personen demonstriert wird.
Für hiesige Zuschauer war Vieles ungewohnt, dennoch bestachen Ensemble und so mancher Regieeinfall. Langer, lebhafter Applaus.