Wie wirklich ist die Wirklichkeit?
The Comedy of Errors („Die Komödie der Irrungen“) wird von manchen als erste Komödie Shakespeares gesehen. Die früheste belegte Aufführung fand am 28. Dezember 1594 an der Londoner Juristenschule Gray’s Inn statt. Unklar bleibt, ob es die Uraufführung war oder ob das Werk früher entstanden ist.
Zum Inhalt: Die Zwillingssöhne des Aegeon kamen zeitgleich mit einem anderen Zwillingspaar zur Welt. Da die Eltern dieses zweiten Paares verarmt waren, kaufte Aegeon die fremden Zwillingskinder, um sie seinen eigenen Söhnen als Diener zu geben. Mit beiden Zwillingspärchen gerieten Aegeon und seine Frau in Seenot. Je ein Zwilling und sein Diener wurden von dem Rest der Familie getrennt. 18 Jahre später machen sich die in Syrakus lebenden Zwillinge auf die Suche nach ihren Brüdern. Die Suche führt sie nach Ephesus.
Die Verwechslungskomik der Zwillinge in der Comedy of Errors folgt der Handlungsstruktur von Plautus` Komödie Menaechmi. Jedoch hat Shakespeare das farcenhafte Element gegenüber der Plautus-Komödie durch die Zugabe des Diener-Zwillingspärchens verstärkt. So verdoppelt er das ausgeklügelte Verwechslungsspiel erheblich, weitere amüsante Missverständnisse sind die Folge.
Die HandleBards sind ein inzwischen nicht mehr wegzudenkender Bestandteil des Shakespeare Festivals in Neuss. Jetzt spielten sie, nach einem Macbeth-Abend, ein zweites Mal: die Comedy of Errors.
Auf der Bühne stehen zwei Zelte, Umkleideräume und zugleich Requisitenaufbewahrungsort. Fähnchengirlanden und - schon vor Beginn der Vorstellung - schwungvolle Musik stimmen auf einen lockeren, unterhaltsamen Abend ein. Zwei Fahrräder sind unerlässliches Requisit dieser Truppe - schließlich radeln die HandleBards durch die Lande, um überall zu spielen, und auch nach Neuss kamen sie mit dem Fahrrad. Wie immer übernehmen die Schauspieler, dieses Mal zwei Männer und zwei Frauen (Macbeth wurde famos von zwei Frauen gemeistert) mehrere Rollen. Wobei die Männer auch Frauenrollen übernehmen - so spielt ein Schauspieler den Herzog von Ephesus und ebenso Adriana, die Frau des Antipholus. Umgekehrt spielt eine Schauspielerin Luciana, die Schwester der Adriana, und die Äbtissin Ämilia. Um nur zwei Beispiele zu nennen. Durch schnellen Wechsel von Kostümen bzw. Kostümteilen (ein Rock lässt einen Mann im Nu zur Frau mutieren) bewerkstelligen sie dies mühelos. Und wie immer bei den HandleBards wird das Publikum direkt angesprochen: „Is everybody having a nice time?“ Natürlich stimmen alle zu und applaudieren. Oder es wird auch in das Spiel für eine kleine Rolle einbezogen. Neu in dieser Inszenierung ist, dass viele Slapstick-Aktivitäten durch Geräusche wie Knattern, Klatschen, Flöten akustisch unterstrichen werden. Was zuweilen etwas übertrieben wirkt. Musikalische Intermezzi sorgen wie immer bei den HandleBards für gute Laune und werden begeistert beklatscht.
Insgesamt ein höchst unterhaltsamer Abend, deftig, manchmal sehr laut - so wie man es sich im Globe der Shakespeare-Zeit hätte vorstellen können.
Der begeisterte Applaus des Neusser Publikums wollte nicht enden.