„Sumpfmeise auf vier – Zeit für das nächste Bier“
Ein Abend im Oval Office, das sich mit seinem sehr intimen Rahmen geradezu für diese Inszenierung anbietet. Zwei Hobby-Ornithologen, eine Sorge: der Rechtsruck. Die Bühne ist leer. Dann treten die beiden Vogelbeobachter auf, ausgerüstet mit Kühltasche, Klappstuhl und Fernglas. Wie jeden Mittwoch sitzen M und O im Dickicht, um ihrer Passion nachzugehen, ausspannen und Vögel gucken. Man hört Vogelgezwitscher. Konzentriert halten sie Ausschau nach Vögeln: „Da, Rotkopfwürger!“ Und noch während sie nach weiteren ornithologischen Objekten Ausschau halten, entspinnt sich eine Diskussion über die aktuelle politische Situation in Deutschland: „…fühlt sich schon alles nicht so gut an.“ Sie sprechen über Themen wie die Klimakatastrophe („Welche Vögel sind bedroht?“), über Inflation und Flüchtlingsproblematik, queere Menschen und den steigenden Nationalismus. Warum wenden sich die Menschen von den demokratischen Parteien ab? Wollen sie keinen Stress mehr? Sind sie von der aktuellen Lage überfordert? Die beiden verfallen zwischendurch durchaus immer wieder mal in Entzücken, wenn ein seltener Vogel erspäht wird. Sei es die Sumpfmeise, der Goldregenpfeifer oder der Kuckuck. M hält spontan einen höchst detaillierten, wissenschaftlich korrekten Vortrag über Kuckucksarten. Aber immer wieder diskutieren sie Gründe für den zunehmenden Einfluss der Rechten. Die ja keine Lösungen bieten, sondern sich nur wie der Kuckuck ins gemachte Nest setzen. Bemerkungen wie „Kann Björn Höcke rechnen (heißt der nicht eigentlich Bernd?)“ oder „Bleiben, wenn wir nichts gegen den Klimawandel tun, die ganzen Zugvögel aus Afrika hier?“ sind typisch für diesen unterhaltsamen, aber durchaus nicht oberflächlichen Abend.
Goldmann verwendete viel Material aus den Social Media für diese Produktion. Wie wird dort der Rechtsradikalismus diskutiert und häufig durch einseitig gewählte Informationen begründet? Die beiden Schauspieler Marius Huth und Oliver Möller begeistern durch intensives, witziges Spiel bei diesem Ausflug in die aktuelle Politik, betrachtet aus der Vogelperspektive. Zu Recht langer, intensiver Beifall.