„Ich bin eine Naturgewalt.“ (Siegfried)
2022 wurde Ferdinand Schmalz` Hildensaga in Worms uraufgeführt und wird seitdem landauf, landab gespielt. Im RLT ist es die Eröffnungspremiere der neuen Spielzeit, der ersten von Marie Johannsen. Regie führte Sebastian Sommer.
In der alten Version des Textes, dem Nibelungenlied, hilft der Drachentöter und Besitzer des Nibelungenschatzes Siegfried dem Burgunderkönig Gunther, Islands bis dahin unbezwingbare Königin Brünhild zu gewinnen. Zuerst setzt Siegfried seine Tarnkappe zu diesem Zweck bei dem Dreikampf ein, den ein Bewerber um Brünhildes Hand gewinnen muss, Im Gegenzug darf er Gunthers Schwester Kriemhild heiraten. Brünhild muss ihr Reich verlassen und sich in die Hochzeit fügen. In der Hochzeitsnacht verweigert sie sich ihrem Gatten, so dass Siegfried ein zweites Mal zu Hilfe eilen muss.
Kriemhild akzeptiert das Verhalten ihres Mannes und ihres Bruders nicht. So planen die Frauen, wie sie die Männer zur Rechenschaft ziehen können. In seiner Hildensaga hat Schmalz versucht, mit Sprachwitz den Kampf der beiden Königinnen gegen die ausgedienten Helden zu beleuchten.
In der Neusser Inszenierung wird jedoch durch zu viele Details diese Kernaussage verwischt. So tragen alle Darsteller schwarze Latexanzüge, Unterschiede sind nur verschiedenfarbige Plüschaccessoires. Alle tragen hochhackige Stiefel und alle haben rote Haare. Warum diese Uniformität? Streben doch sie alle - Männer wie Frauen - gleichermaßen nach Macht. Zum Teil wirken sie lächerlich, hier besonders das Gefolge Gunthers, besonders, wenn sie wiederholt in absurdes Lachen ausbrechen. Kalauer sollen den Text vielleicht in einem modernen Licht erscheinen lassen, sind aber oft nicht gerade sehr geistvoll und werden dann noch oft wiederholt.
Die Musik wechselt zwischen bekannten Songs wie „What a difference a day makes“, Rap und Wagnerklängen. Die Bühne ist schlicht, die Wände können durch unterschiedliche Beleuchtung neue Eindrücke hervorrufen. Dies passt zu einer modernen Version. Warum aber allzu oft Nebel eingesetzt wird, ist nicht nachzuvollziehen. Die Schauspieler sind zu loben, allen voran Hergard Engert als Norne, die das Geschehen immer wieder kommentiert. Ihnen ist nicht anzulasten, dass sie zum Teil als Witzfiguren escheinen. Das gilt besonders für Gunther (Peter Waros) und sein Gefolge: Simon Rußig, Benjamin Schardt, Johannes Bauer. Auch Anton Löwe als Siegfried macht oft eine lächerliche Figur. Stefan Schleue (Wotan) beeindruckt mehr als ernst zu nehmender Mann. Juliane Pempelfort überzeugt als charakterstarke Kriemhild, die weiß, was sie will. Dagegen wirkt Annalisa Hohls Brünhild eher blass und wenig überzeugend,
Insgesamt ein durchwachsener Abend. Etliche Zuschauer waren in der Pause gegangen. Das Publikum, das blieb, zollte viel Beifall, insbesondere die vielen ganz jungen Zuschauer.