„Der Mörder bin ich, ich der Gemordete.“ (Beckmann)
Beckmann kehrt nach Krieg und dreijähriger Gefangenschaft zurück. Doch seine Heimat von früher existiert nicht mehr. Seine Eltern haben sich das Leben genommen, sein kleiner Sohn kam im Krieg um und seine Frau hat einen Liebhaber. Beckmann kommentiert seine Lage so: „Er war lange weg. Vielleicht zu lange. Und er kommt ganz anders wieder, als er wegging. Eine von denen, die nach Hause kommen und die dann doch nicht nach Hause kommen, weil es für sie kein Zuhause mehr ist.“ Beckmann, grau und lebensmüde, würde sich am liebsten in der Elbe ertränken. Doch in diesem Moment tritt der Andere in sein Leben, ein Spiegelbild Beckmanns, der versucht, ihm Hoffnung zu machen und einen Neuanfang zu wagen. Beckmann aber lassen seine Erinnerungen nicht los. Dabei trifft er - auf seiner Suche nach einem Grund weiterzuleben - nur auf Menschen, die mit der Vergangenheit abgeschlossen haben.
„Ein Stück, das kein Theater spielen und kein Publikum sehen will“, schrieb Wolfgang Borchert im Untertitel seines Dramas. Er hatte sein Stück todkrank innerhalb weniger Tage geschrieben. 1947 erlebte er die Ausstrahlung von Draußen vor der Tür noch im Hörfunk, stirbt aber dann nur einen Tag vor der Theaterpremiere im Alter von 26 Jahren an den Folgen einer Lebererkrankung.
AdrianFigueroa inszenierte dieses nach wie vor hochaktuelle Stück auf packende, eindrucksvolle Weise. Das klare, schnörkellose Bühnenbild im großen Haus ist in Schwarztönen gehalten. Große Quaderblöcke sind fast dauernd in Bewegung und geben zeitweise Einblicke in Innenräume, z.B. das Wohnzimmer des Obersts oder die Kammer des Mädchens. Eine große Videoprojektion zeigt am Ende Beckmanns Gesicht. Wenn er fragt, ob niemand eine Antwort gebenkönne oder ob es überhaupt keine Antwort gebe, so ist das das trostlose Resümee eines innerlich zerbrochenen Menschen. Raphael Gehrmann ist ein absolut überzeugender Beckmann, dem man seine verzweifelten Versuche, doch noch etwas Positives zu finden, um seine Kriegstraumata zu überwinden und seine permanente Enttäuschung glaubt. Schmal, mit Irokesenschnitt und „Gasmaskenbrille“ irrt er durch seine Heimat Hamburg. Sonja Beißwenger, sein - auch optisch - Alter Ego, versucht, ihn vom Selbstmord, dem Sprung in die Elbe abzuhalten. Sie überzeugt ebenfalls durch ihr ungemein intensives Spiel. Immer wieder ringt sie mit ihm, bestärkt ihn in Haltungen, die dem Leben zugewandt sind. Florian Lange ist der sich an üppiger Tafel guttuende selbstgerechte Oberst, der von keinerlei schlechtem Gewissen ob einer eventuellen Mitschuld am Tode seines Untergebenen „geplagt“ ist. Der Direktor des Kabaretts, Thiemo Schwarz, glänzt als Kunstversteher, der sein Publikum kennt und weiß, was ihm gefällt. Beckmann kann er nicht gebrauchen, denn „mit der Wahrheit hat die Kunst doch nichts zu tun“. Pauline Kästner gibt „das Mädchen“, das sich in Beckmann verliebt und ihn bei sich aufnimmt, eine Lichtgestalt im wahrsten Sinne des Wortes. Doch sie kann ihn nicht mit seiner kranken Psyche retten. Claudia Hübbecker spielt die Nachbarin, die Beckmann kalt über den Tod seiner Eltern informiert. Die viel zu viel Gas bei ihrem Selbstmord verbraucht hätten („…damit hätte man doch noch einen Monat kochen können“).
Ein ungemein fesselnder Abend, beeindruckend, weil die Mitwirkenden so eindringlich spielen. Aber auch, weil er so bedrückend aktuell ist mit der Frage, was ein Krieg aus Menschen macht.
Großes Lob für die Schauspieler, aber ebenso für die Regie und das Bühnenbild. Zu Recht jubelnder Applaus und Standing Ovations.