Die Nerven liegen blank
Kardinalfehler ist ein Auftragswerk, für das Manfred Langner, der Intendant des Theaters Trier, 2023 den Impuls gab. Dem schottischen Dramatiker Alistair Beaton und Dietmar Jacobs, Kölner Drehbuchautor und Satiriker, gelang eine überaus intelligente, äußerst unterhaltsame Komödie vor allem über den Machtmissbrauch in der katholischen Kirche, wobei über den Komödienstoff ein ernstes Thema immer mehr in den Fokus kommt. Dazu gehört auch, dass der Generalvikar Koch eine durchaus aggressive Art des Sprechens und Handelns aufzeigt, tritt er doch rigoros dafür ein, alle Skandale innerhalb der Kirche zu vertuschen. So repräsentiert er das Harte und Gewaltsame in der katholischen Kirche. Worum geht es?
Zu Beginn sehen wir das großzügig ausgestattete Arbeitszimmer des Bischofs Glöckner. Glöckner (Adrian Linke) stürzt herein, aufgelöst, hat er doch von einem Dieb die Bischofsmütze vom Kopf gerissen bekommen. Da in Bälde der Papstbesuch ansteht, liegen die Nerven blank. Alles muss perfekt sein, natürlich auch so ein Detail wie die richtige Mütze. Wunderbar als Kontrast zu diesem Zappelphilipp: die bodenständige Haushälterin Wibke (Nele Jung), die ihrem Chef wiederholt drastisch mitteilt, was sie von seinem überspannten Verhalten hält. Michael Grosse überzeugt als skrupelloser Generalvikar Koch, dem jedes Mittel recht ist, alle Missstände - seien es Akten mit unerfreulichen Inhalten oder Äußerungen des jungen, kritischen Priesterseminaristen Matteo (Nicolas Schwarzbürger) - unter den Teppich zu kehren. Da greift er auch zu radikalen Methoden, als plötzlich eine junge Frau (Marie Eick-Kerssenbrock) auftaucht, die sich als Tochter des Bischofs zu erkennen gibt. Ein Skandal zeichnet sich ab, der den Bischof ruinieren könnte. Und Glöckner ist erschüttert, teils, weil er zum einen plötzlich meint, Vatergefühle zu empfinden, zum anderen aber hektisch überlegt, wie er den Skandal vertuschen könnte. Und da kommt auch noch Martin Miller ins Spiel, der Reisemarschall des Papstes (Paul Steinbach). Überaus penibel will er alles untersuchen, ob es rechtens ist. Seien es die Akten im Archiv, sei es der Zustand der Kirche insgesamt.
Alle Schauspieler an diesem Abend sind überzeugend. Großartig, wie Linke die Gefühlsskala von zerknirscht bis voller Selbstmitleid spielt. Grosse verkörpert den in jeder Hinsicht gewissenlosen Manager, der vor nichts zurückschreckt, um einen makellosen Papstbesuch zu erleben. Miller ist ihm schon ähnlich, wenn er alles genauestens untersuchen will. Schwarzbürger gibt Matteo als einen wahrhaft gläubigen jungen Mann, der entsetzt ist, wenn er so hinter die Kulissen schaut. Eine sehr anspruchsvolle Komödie - lacht das Publikum oft sowohl über den Sprachwitz wie auch über Klischees oder überspitzte Handlungen -, die aber die Kritik an diversen Missständen klar formuliert. Großartig gespielt von dem exzellenten Ensemble, klug in Szene gesetzt von Goritzki.
Das Publikum spendete lange lebhaften Beifall. Und zu Recht Standing Ovations.