„If music be the food of love, play on.“
Was ihr wollt oder „Twelfth Night“ ist eine der verwirrendsten Komödien Shakespeares. Eine der Irrungen, Verkleidungen und Verwechslungen. Die Handlung spielt in Illyrien, einem Ort der Muße. Hier, wo man nur für die Poesie, die Liebe und das Trinken lebt, geht es drunter und drüber.
Nach einem gewaltigen Sturm rettet sich die schiffbrüchige Viola an die Küste Illyriens, wo sie sich als junger Mann verkleidet und in die Dienste des Herzogs Orsino tritt. Sie liebt ihn, er selbst liebt die Gräfin Orsina, diese wiederum den vermeintlichen Knaben.
Das zentrale Thema dieser Komödie ist die Kluft zwischen Schein und Wirklichkeit, der Zwiespalt zwischen den nach außen gezeigten Gefühlen und den innerlich empfundenen. Masken und Verkleidungen sind unerlässlich in dieser Welt.
Ein Narr und zwei Saufkumpane, Sir Toby Belch und Sir Andrew, gehören zum weiteren Personal dieses Stücks. Der trottelige Sir Andrew macht sich Hoffnungen auf Olivia. Sir Toby überredet ihn immer wieder, noch zu verweilen und mit ihm zu trinken. Malvolio, Olivias Haushofmeister, sieht missfällig die lockeren Sitten um sich herum, glaubt er doch an puritanische Ideale und hat zudem eine hohe Meinung von sich selbst.
Charlotte Sprenger hat diese überaus witzige Komödie Shakespeares in ein Computerspiel der Zukunft verwandelt. Spieler und Spielerinnen loggen sich ein, um ihren trostlosen Alltag zu vergessen. Ist doch Illyrien voll mit Leben und Gefühlen wie Hass, Liebe, Trauer und Intrige - um nur einige zu nennen. Gesteuert und beobachtet wird das Geschehen auf der Bühne von Billy (Johannes Benecke), den wir auf einem Bildschirm oberhalb der recht futuristischen Bühne sehen. Die Charaktere im Spiel bewegen sich in fantasievoller, skurriler Verkleidung als Avatare auf der Spielfläche. Viola muss sich nicht mehr als Knabe verkleiden, um in den Dienst des Herzogs (Sinan Gülec) zu treten, um für ihn bei Gräfin Olivia (Kara Schröder) zu werben. Nein, Kristin Steffen ist in ein Bambi verwandelt, das immer wieder kieksend über die Bühne hoppelt. Alle Mitspieler haben äußerst fantasievolle Kostüme. So ist Malvolio (Sabine Waibel) ein sechsbeiniges Insekt. Auch Geschlechtertausch ist angesagt, obwohl dessen Begründung rätselhaft bleibt. Sir Toby wird von Lisa-Katrina Mayer als kesse Filmdiva gegeben, das Dienstmädchen Maria ist ein knarziger Ritter (Andreas Leupold). Das Spiel auf der Bühne mischt sich zuweilen mit dem Geschehen in der Spielothek, wo der Narr (David Rothe) als Angestellter zu tun hat. Einerseits macht es Vergnügen, die zum Teil martialisch aussehenden Insekten zu betrachten. Andererseits läuft sich so mancher Aktionismus tot. Das Publikum lässt sich motivieren, mitzumachen, so im Kanon den nicht gerade geistvollen Song „Halt`s Maul, du Sau“ zu singen. Oder den Arm zu heben, damit das Reh aus seiner Ohnmacht erwacht („Ich muss ins nächste Level, nach Illyrien.“). Im Video über der Bühne sehen wir Billy ein Urinal reinigen oder zwischen Urinalen sitzen. Bezug zum Stück? Vieles scheint reiner Aktionismus zu sein und lässt in seiner Fülle Langeweile aufkommen. Höhepunkt ist Malvolios Auftritt, wenn er die von Sir Andrew, Sir Toby und Maria fingierten Briefe seiner Herrin findet und sich maximal lächerlich macht. Folgt er doch den hier notierten Anweisungen, die angeblich von seiner Herrin stammen. Ein komödiantisches Meisterstück von Sabine Waibel.
Insgesamt ein Abend mit durchaus engagierten Schauspielerinnen und Schauspielern, der sich doch durch so manch überflüssige Regieidee in die Länge zieht. Freundlicher Applaus in der dritten Vorstellung.