„Jetzt lasst uns gehen. Noch schöner wird es nicht.“ (Benvolio)
Im RLT Neuss kam eine äußerst überzeugende Umsetzung von Shakespeares Tragödie um die zwei Liebenden zur Aufführung.
„Two households both alike in dignity,
in fair Verona where we play our scene.“
Ehe diese berühmten Eingangszeilen zu Shakespeares bewegender Liebesgeschichte gesprochen werden, sehen wir ein ungewöhnliches, aber durchaus passendes Bühnenbild. Links ist ein Set von Drums für den Live-Musiker Johannes Cotta aufgebaut (er spielt auch den Tybalt), rechts steht ein altes Auto, mit italienischem Nummernschild natürlich. Hier wird manche Szene stattfinden. In der Mitte der Bühne eine große Leinwand, auf der die Gesichter der Schauspieler hin und wieder gut zu sehen sind, zum Beispiel wenn sie im Auto sitzen, so können wir dennoch ihre Emotionen hautnah verfolgen. Ab und an weht ein leichter Nebel über die Bühne, ein Weichzeichner für die Liebesgeschichte. Haben sich doch hier zwei junge Leute gefunden, deren Häuser, Montague und Capulet, seit längerem verfeindet sind. So stehen sich am Anfang auch die Vertreter dieser Adelsfamilien im Kreis drohend gegenüber, alle in Schwarz gekleidet. Dann beginnt das eigentliche Spiel. Benvolio (Benjamin Schardt) und Romeo (Stefan Siebert) scherzen miteinander. Julias Mutter (Katrin Hauptmann) verkündet unter Trommelwirbel, dass es Zeit sei, die Tochter zu verheiraten. Wir sehen Julia (Nelly Politt) mit ihrer Amme (Hergard Engert), letztere ist köstlich in ihrer Mischung aus Fürsorge und gewissen Vorurteilen. Mercutio (Johannes Bauer) animiert Romeo, zum Maskenball im Hause Capulet zu gehen. Manch Trommelwirbel sorgt für Spannung, mildere Töne werden angestimmt, wenn sich die Liebenden treffen. Der Regisseurin fielen äußerst ungewöhnliche, aber gerade darum beeindruckende Inszenierungsdetails ein. So steht Julia bei der Balkonszene auf einer hoch gelegenen Plattform an der Seitenwand des Zuschauerraums, Romeo ihr gegenüber. Besser kann man die Trennung nicht darstellen. Mercutios Kampf mit Tybalt wird untermalt durch ein Trommelduell.
Pater Lorenzo wird von Stefan Schleue gespielt. Wenn er die Liebenden traut („Verliert euch ineinander.“), fliegen Tauben über die Leinwand.
Es ist eine höchst emotionale Inszenierung, die einen gebannt zusehen und die Zeit vergessen lässt. Wenn Romeo und Julia am Ende sterben, sieht man auf der Leinwand ein altes Ehepaar, Hand in Hand. Gewiss eine ungewöhnliche Idee, aber sie fügt sich sehr gut in diesen Abend ein.
Unbedingt ein sehenswerter Abend, der einen berührt. Großes Lob für die Schauspielerinnen und Schauspieler und für die klugen Regieeinfälle.
Langer, äußerst lebhafter Applaus in der 2. Vorstellung.