Fick nicht mit den falschen Leuten.
Gropius-Stadt, Schauplatz von Gewalt, Verbrechen und Drogenkonsum, war schon Ort der Handlung in Christine Felscherinows Buch Wir Kinder vom Bahnhof Zoo (1978). Es ist auch Ort der Handlung in Felix Lobrechts Debutroman Sonne und Beton, der vor acht Jahren herauskam. Einige Zeit später folgte die Filmadaptation. Das Rheinische Landestheater brachte jetzt die Theaterfassung von Adewale Teodros Adebisi als Uraufführung auf der großen Bühne heraus. Adebisi stellte fest, dass sich dieselben sozialen Herausforderungen über Jahrzehnte hinweg in Vierteln mit Armut, Bildungsungleichheit und, damit verbunden, wirtschaftlicher Perspektivlosigkeit wiederholen. Mit seiner Theateradaptation will er die Zuschauer, die aus verschiedenen gesellschaftlichen Kontexten kommen, gemeinsam die Geschichte dieser Jugendlichen erleben lassen. Somit soll zumindest für die Dauer der Vorstellung Empathie und Verständnis ermöglicht werden.
Sonne und Beton erzählt mit einem schnellen Szenenwechsel die Geschichte von vier Jungen, die in Berlin-Gropiusstadt leben. Drogen, Kriminalität und vor allem physische Gewalt bestimmen den Alltag. Was sich auch in ihrer Sprache spiegelt. So heißt es nicht mehr „Der Klügere gibt nach“, sondern – so Marco - „Der Klügere tritt nach. Bevor ich auf dem Boden liege, lieber der andere.“ Arbeitslose Eltern, häusliche Gewalt, alkoholkranke Väter und der alltägliche Rassismus bestimmen das Leben der Jugendlichen. Da hat der mit Tadeln drohende Lehrer wenig Chancen, sich durchzusetzen. Wobei auch in der Lehrerschaft Rassismus durchaus vorkommt, „Klein-Istanbul“ schimpft ein Lehrer, der Lukas als „einzigem Deutschen in der Klasse“ vertraut. Die Gruppe der vier Freunde – alle äußerst überzeugend gespielt – besteht aus Lukas (Tim Richter), Julius (Stefan Siebet), Gino (Serdar Altan) und Sanchez (Rojan Juan Barani) – versucht durch den Diebstahl von einigen Schulcomputern an Geld zu kommen. Was sich als recht schwierig erweist.
Der Abend wird nicht nur durch schnelle Rede- und Szenenwechsel, durch einen ungemein körperlichen Einsatz der Darsteller, sondern auch durch Techno-Musik bestimmt. Bühnenbilder zeigen das trostlose Wohnambiente der Jugendlichen. Zum hervorragenden Ensemble gehört neben den schon Genannten Katrin Hauptmann, die sowohl die Mutter von Gino und die von Sanchez spielt sowie die Schulleiterin. Auch Simon Rußig überzeugt als Lukas` Vater und als rassistischer Lehrer Reinicke. Johannes Bauer wirkt überzeugend als Marco, der Bruder von Lukas, aber auch als schmieriger Spielotheken-Typ, der die Jungen beim Kauf der Computer übers Ohr haut. Selmani Aydin gibt Momo, Cem und Marek.
Schon ein ganz anderer Abend als gewohnt auf der Bühne des Landestheaters. Aber unbedingt ein wichtiger Beitrag, den das überwiegend junge Publikum mit begeistertem Applaus und Jubelrufen honorierte.