Übrigens …

Biedermann und die Brandstifter im Theater Krefeld

Ein Meister der Verdrängung?

Gottlieb Biedermann ist ein pflichtbewusster Bürger, dessen Leben in geregelten Bahnen verläuft. Als eines Tages ein Fremder in sein Haus tritt, gerät die Biedermannsche Ordnung durcheinander. Trotz seines Verdachts, dass der Fremde ein Brandstifter sei, lässt Biedermann ihn mit einem Freund bei sich einziehen. Selbst als die beiden Brandstifter Benzinfässer ins Haus bringen, will Biedermann nicht der augenscheinlichen Wahrheit ins Gesicht blicken: „Ich kann nicht Angst haben die ganze Zeit.“

Sandra Strunz inszenierte den Klassiker auf ungewöhnliche Weise. Zu Beginn sehen wir einen goldenen Hintergrund, davor zwei schwarze Engel. Ein goldener Garderobenständer steht vorn an der Rampe. Gottlieb Biedermann (Christoph Hohmann) tritt auf und wendet sich direkt an das Publikum und rattert los: „Hier gibt es keine Faxen.“ Und „Hier wird dicht gemacht.“ Ein Sonderling, ebenso auffallend im Gehabe wie sein quietschbunter Frack mit Blümchen. Ob man (wir im Publikum) wüsste, ob unser Nachbar kein Brandstifter sei. Anna, das Dienstmädchen (Bruno Winzen spielt es scheu und zurückhaltend), kündigt einen Gast an, den Biedermann jedoch nicht sehen will. Dennoch tritt bald Schmitz (Kristina Gorjanowa) herein und erklärt sachlich, er sei ein arbeitsloser Ringer und suche ein Obdach, was Biedermann mit seiner Zivilcourage sicher gewähren würde. Ganz offen erklärt er, er wolle Biedermanns Haus anzünden. Obwohl dieser ständig von Bränden spricht, nimmt er ihn auf. Weitere Garderobenständer werden auf die Bühne getragen. Sie stehen für alle möglichen Dinge, z. B. Tische. Strunz sieht in ihnen Zeichen für das Bürgerliche. Sie stehen aber auch für die von Schmitz und seinem inzwischen auch im Haus untergekommenen Kumpel Eisenring (Nicolas Schwarzbürger) auf dem Dachboden angesammelten Fässer mit Benzin. Frau Biedermann und die Witwe Knechtling - ihr Mann hatte viel für Biedermanns Betrieb geleistet, wurde dann aber entlassen und brachte sich um - werden von Cornelius Gebert gespielt. Diese Besetzung - Männer spielen Frauen - ist nicht unbedingt nachzuvollziehen. Genauso wenig wie die gedehnte Sprechweise Eisenrings, der im Übrigen sehr überzeugt durch den Wechsel in seiner Attitüde. Mal sucht er die Zündkapsel, dann wieder verrät er Biedermann sein Geheimnis: „Scherz ist die drittbeste Tarnung. Die zweitbeste Sentimentalität. Die beste ist aber immer noch die blanke und nackte Wahrheit.“
Christoph Hohmann glänzt als jemand, der sich stets einredet, als Hausherr auch Herr der Situation zu sein. Und damit ist er ein Meister der Verdrängung. Immer wieder spricht er das Publikum direkt an: „Was tun Sie gegen all diese Brandstifter?“ Und er fragt, ob man nicht wüsste, ob nicht jemand neben ihm säße, der zündeln würde.

Die Regisseurin nennt in einem im Programmheft abgedruckten Gespräch Putin, Trump und Musk Brandstifter, die sich offen gegen Demokratie und Humanismus aussprechen. Doch es fällt schwer, diesen durchaus sinnvollen Vergleich in einen engeren Zusammenhang mit der Inszenierung zu setzen.

Als Fazit kann man sagen, dass das Ensemble sehr gut war, auch was so manche musikalische Einlage betrifft. Vieles jedoch sind Regie-Ideen, die zu hinterfragen wären. Höflicher Applaus eines in der besuchten Vorstellung recht unkonzentrierten Publikums.