„Feminismus… von dem hat sich noch niemand was kaufen können.“
Staubfrau ist eine Dokumentation, wie sich männliche Gewalt gegenüber Frauen über Generationen fortsetzt. Wobei eine große Rolle spielt, dass viele Frauen bestimmte Imperative zu ihrem eigenen Nachteil verinnerlicht haben. Anschaulich vorgeführt von drei Frauen einer Familie.
Es beginnt mit Hannas Geschichte, die – zusammen mit dem ganzen Dorf – auf ihre Freundin Therese wartet und sie überall sucht. Schließlich sieht sie deren Kette im Fluss liegen, die sie von Onkel Fritz auf dem Rummel bekommen hatte. Ein toller Schütze, der die Kette nach dem 10. Bier geschossen hatte. Und der nicht Onkel genannt werden wollte. Nur indirekt wird klar, dass er das Mädchen vergewaltigt und ermordet hatte. Er aber lebte weiter friedlich im Dorf bis zum Alter von 88 Jahren, angesehen und unbehelligt: „Das ganze Dorf kam zu seiner Beerdigung.“
Hanna ist die Älteste der drei Frauen auf der Bühne, die Großmutter (Lola Dockhorn). Männliche Gewalt zieht sich auch durch ihr Leben, mal mehr, mal weniger, wie wir durch viele Beispiele erfahren. Wobei die Gewalt in Beziehungen nicht unbedingt physisch sein muss. Und vieles, so das ständige Nörgeln und Meckern des Partners, wird schnell entschuldigt. So meint die Mutter (Anita Iselin Soubeyrand) zu ihrer Tochter, die gerade detailliert beschreiben hat, wie ihr Mann sie zum Sex gezwungen hat („Ich werfe meine Würde in den Fluss. Ich werfe meinen Stolz in den Fluss.“): „Er ist aber doch so nett.“ Und über den Vater sagt sie: „Dein Vater hat auch oft Dinge gesagt, die er nicht gemeint hat.“ Nancy Mensah-Offei als Enkelin steht zweifelsohne im Mittelpunkt des Abends. Ungemein ausdrucksvoll ihre Körpersprache, wenn sie von Gewaltattacken ihres Mannes berichtet und an eine mögliche Trennung denkt. Sie hat zumindest schon eine Therapie gesucht.
An diesem Abend verfolgen wir gespannt, wie sich das Thema „männliche Gewalt in Beziehungen“ durch die Generationen fortsetzt, wobei die Darstellerinnen unheimlich variantenreich erzählen bzw. miteinander sprechen.
Am Schluss zieht an den beiden seitlichen Wänden der kleinen, intimen Spielfläche eine schier endlose Projektion von Femiziden vorbei, die in den letzten Jahren stattgefunden haben. Genau notiert sind die Namen der Frauen, ihr Alter (von 19 bis 89 Jahre) und der Ort ihres Todes. Ein aufrüttelnder Abend mit einem unglaublich starken Ensemble.