Übrigens …

Demokratie plus X im Seebühne am Schwanenspiegel

Ist Handheben schon Demokratie?

Ein lauer Sommerabend; auf dem Schwanenspiegel mitten in Düsseldorf schwimmt die Seebühne, die die Asphalt-Künstler seit Corona-Zeiten alle Jahre wieder dahinzaubern. Schon eine Stunde vor Spielbeginn sind die Liegestühle in der ersten Reihe der Uferterrasse besetzt. Schwäne schwimmen zwar heute nicht auf dem Weiher, aber pünktlich zur Erwähnung von Tölpelkindern (die hier auch nicht herumschwimmen) erheben die hübschen Graugänse ihr lautes Geschnatter. Damit das die Zuschauer nur erheitert und nicht stört, lauscht das Publikum den Texten und Klängen der Vorführungen über ein High-End-Kopfhörersystem.

Auf der Bühne macht sich inzwischen ein Typ in lockeren Joggingklamotten zu schaffen, brummelt vor sich hin, dass die Technik noch nicht eingeschaltet sei (das stimmt natürlich nicht), trinkt einen Ouzo und reicht ihn auch an den einen oder anderen Zuschauer weiter. Verlässt dabei die Bühne, stellt sich zwischendurch als Peter Trabner vor und schimpft auf seine ausbleibende Partnerin. Übt unterdessen mit dem Publikum dessen erwünschte Reaktionen ein: er hebt Schilder hoch, auf denen Aaaaa oder Ooooo steht und das Publikum macht brav mit. (Ein bisschen Kindertheater). Inzwischen kommt Annette Frier angehetzt, beklagt die Düsseldorfer Verkehrsverhältnisse, die sie statt in die Wasserstraße zur Bühne auf die Rheinkniebrücke nach Oberkassel abbiegen ließen (Frau am Steuer!). Doch Peter Trabner ging es nicht besser, er geriet in den Rheinufertunnel Richtung Norden. Manch einer mag da schmunzeln im Wiedererkennen eigenen Pechs, doch so richtig zum Thema Demokratie will das alles nicht passen. Doch offenbar sind wir schon im Bühnenstück angekommen. (Mehr Ooo als Aaa).

Dann kommen sie zu Entscheidungen, die unser Leben bestimmen. Gleich morgens: aufstehen oder liegen bleiben, Kaffee oder Tee und so weiter. Dann in der Lieblingseisdiele die Auswahl zwischen hundert Sorten und dazu noch: Bällchen im Hörnchen oder Kugel in der Waffel? Da gibt’s Streit um die richtige Formulierung und das Publikum muss abstimmen. Es macht mit, obwohl sich die Frage aufdrängt, ob dieser Staatsformcheck vielleicht nur eine Persiflage sein soll.

Dann wir’s ernster: Annette Frier zieht einen Blouson über den schulterfreien Overall und erklärt sich zur Verteidigerin der Demokratie. Sie geht 2500 Jahre zurück, zitiert Perikles, lobt ihn als Begründer der Demokratie, erwähnt allerdings nicht, dass er es war, der den verheerenden Peleponnesischen Krieg begann. Das Kriegführen zu verteidigen überlasst sie dem „verrückten König“, den Peter Trabner mit Papierkrönchen auf dem Kopf gibt. Er erklärt die Demokraten zum dummen Kollektiv Armer, Ungebildeter, Verblödeter. Annette Frier greift noch einmal zurück auf die alten Griechen, zitiert den Denker und Redenschreiber Lysias und kommt schließlich zu dem Schluss, dass die Demokratie als Staatsform die am wenigsten beschissene Scheiße?ist.

Das Publikum kann noch ab und an mit Aaaa oder Oooo reagieren und an anderer Stelle mit Handzeichen abstimmen zwischen „Frieden“ und „Krieg“ oder auch mal zwischen „König“ und „Freiheit- jeweils auf handgeschriebenen Pappschildern hochgezeigt.

Zum Schluss fallen noch Begriffe wie „lupenreiner Demokrat oder Remigration, die ins Heute verweisen mögen, doch zum Staatsformencheck kommen die Performer ganz und gar nicht. Vielmehr erinnert das Hin-und-Her der Beiden eher an das Geplänkel eines älteren Ehepaares in einer Boulevardkomödie, in der er mit Machtanspruch und sie mit Bildung punktet.