„Sigh no more“
Wie immer im Sommer fand auch dieses Jahr das traditionelle Shakespeare Festival in Neuss statt, jedoch unter veränderten Bedingungen. Das Globe an der Rennbahn, immer der Mittelpunkt des Festivals, wird renoviert, Bauarbeiten für die Bundesgartenschau stehen an. So finden unter dem Motto Shakespeare inside out verschiedenste Veranstaltungen - Theatervorstellungen, Lectures und Konzerte - an den unterschiedlichsten Orten in Neuss statt. So tritt die englische Schauspielertruppe „The HandleBards“ - undenkbar ein Shakespeare-Festival ohne diese Truppe der ganz besonderen Art - in einem Zelt vor der RheinLand Versicherung auf.
Die HandleBards gastierten mit Much Ado About Nothing schon in den letzten Jahren des Shakespeare Festivals. Was das Vergnügen der Zuschauer dieses Jahr aber in keiner Weise schmälerte. Zu originell und so ganz anders als viele Statdttheatervorstellungen sind diese Produktionen der englischen Truppe.
Die HandleBards radeln in ihrer Heimat durch das Land (handle = Fahrradlenker), Kostüme und einige wenige Requisiten immer dabei. Sie gastieren überall, auf Marktplätzen, in Biergärten, in Schulen und in Theatern.
Die Bühne im Theaterzelt ist mit Fähnchengirlanden dekoriert. Links steht ein Fahrrad mit Blumenkorb. In der Mitte steht ein Zelt. Zum schnellen Kostümwechsel, für Requisiten und zudem für zusätzliche Auftritte geeignet, lässt sich doch die vordere Seite mittels eines Reißverschlusses teilweise öffnen.
Much Ado About Nothing thematisiert den Kontrast zwischen Schein und Wirklichkeit, zwischen Masken, die man den anderen zeigt, und dem eigenen Gemütszustand. Shakespeare entwarf zwei Handlungsstränge, indem er zwei Liebespaare vergleicht, die lernen müssen, einander zu verstehen.
Nach einer siegreichen Schlacht kommen Don Pedro, Graf Claudio und der Edelmann Benedick in die italienische Hafenstadt Messina. Leonato, der Gouverneur von Messina, nimmt sie gastfreundlich auf, hat er doch eine Tochter und eine Nichte im heiratsfähigen Alter. Claudio und Hero verlieben sich schnell, kennen sich aber nur oberflächlich. Deshalb kommt es zu Missverständnissen. Claudio glaubt den böswilligen Anschuldigungen des schurkischen Don John - er ist ein illegitime Halbbruder Don Pedros - ohne zu zögern, und verstößt sogar seine Liebste. Die anderen Liebenden, Benedick und Beatrice, verfolgen einen anderen und eher Erfolg versprechenden Weg zu einem echten Verhältnis. Obwohl sie einander zunächst höhnisch beschimpfen und schwören, sie würden nie heiraten, sind sie faktisch Idealisten der Liebe, die nichts anderes brauchen, als gegenseitig von ihrer Beständigkeit und ihrem wahren Wert überzeugt zu sein.
Vier Schauspieler der HandleBards - Andrew Armfield, Sarah Bulmer, Emma Hadley-Leonard und William Ross-Fawcett - meistern mühelos mehrere Rollen. Sie tragen knielange Hosen und Hosenträger und farbige Kniestrümpfe in verschiedenen Farben, welche helfen, bei dem turbulenten Spiel die Personen auseinanderzuhalten.
Wie immer bei den Vorstellungen dieser Truppe werden ein Zuschauer und eine Zuschauerin auf die Bühne gebeten und dort zum Mitspielen geschickt animiert. Andrew Armfield spielt immer wieder das Lied „Sigh no more“ an und begleitet sich auf seiner Ukulele dazu. Sozusagen ein musikalischer „roter Faden“ durch den Abend. Man kann sich dem fantasievollen, lebendigen Spiel, den vielen humorvollen Details - so wird Hero von einem Stock mit Umhang und einem Putzfeudel als Frisur verkörpert und natürlich durch eine Schauspielerin gesprochen - nicht entziehen. Große runde Schilde, eines zeigt den Mond, das andere die Sonne, zeigen an, ob es Tag ist oder Nacht.
Der Charme des turbulenten Treibens und die fröhliche Musik reißen alle mit. Es ist einfach Gute-Laune-Theater, an dem auch Shakespeare seine Freude gehabt hätte. So haben sich die Schauspieler, die alle auch hervorragend singen und musizieren können, den stürmischen Applaus und die Standing Ovation absolut verdient.