Übrigens …

Der Fall McNeal im Schauspielhaus Düsseldorf

Vom sexistischen Macho zum Nobelpreisträger

Jacob McNeal, einst ein gefeierter Bestsellerautor, ist ein Ekelpaket durch und durch. Von sich überzeugt, rücksichtslos gegenüber allen Mitmenschen, skrupellos über Leichen gehend. Thiemo Schwarz spielt ihn überaus überzeugend, Korpulent, mit Bauch und Halbglatze, glänzt er als ein Mann, der von seiner eigenen Herrlichkeit überzeugt ist. Sein Motto: „Wir haben die Kunst, um nicht an der Wahrheit zugrunde zu gehen.“ (Nietzsche)

McNeal thront zu Beginn des Abends auf einer Sitzgruppe, die mit Samt überzogen ist. Fransenvorhänge bestimmen das Bühnenbild, auf die an wechselnden Stellen Lichtstreifen projiziert werden. Immer wieder laufen Textzeilen über die Umrahmung der Bühne.

Der Abend beginnt mit einem Gespräch zwischen McNeal und seiner Ärztin (Pauline Kästner), die versucht, ihm die lebensbedrohende Gefahr seines Alkoholmissbrauchs klar zu machen. Ohne Erfolg bei diesem Egomanen. Gerade in diese Situation kommt der Anruf aus Stockholm. Der Literaturnobelpreis soll McNeal verliehen werden, dessen letztes Buch „Evie“ ein besonderer Erfolg war. Er hatte es ganz aus einer weiblichen Perspektive geschrieben. Die Preisrede in Stockholm ist ein Plädoyer für die Überlegenheit des menschlichen Genies, dem die künstliche Intelligenz nichts entgegenzusetzen hat. Dabei hat McNeal selbst das Buch mit KI geschrieben. Und außerdem hat er sich hemmungslos aus den Tagebüchern seiner Frau Jessica, die Selbstmord beging, bedient. Thiemo Schwarz gelingt mühelos der Wechsel vom sexistischen Macho zum Preisträger, der sich wie ein Kind freuen kann. Sein psychotischer Sohn Harlan wird einfühlsam von Moritz Klaus gespielt. Er wirft dem Vater vor, die Tagebücher seiner Mutter verwendet zu haben, worauf dieser ihn zum Schweigen bringt, indem er ihm Jessicas Aufzeichnungen vorliest, in denen sie den sexuellen Missbrauch Harlans beschreibt. Immer wieder dreht sich alles um diesen toxischen Mann, alle anderen werden mehr oder weniger zu Nebenfiguren degradiert. Sei es eine Literaturagentin (Friederike Wagner) oder die junge Reporterin der New York Times (Fnot Taddese). Francine Blake (Claudia Hübbecker) war eine Geliebte McNeals, auch ihre Geschichte hat er zu seiner gemacht.

Ein durchaus faszinierender Abend, der um diesen sexistischen Egomanen, der Harvey Weinstein bewundert, kreist. Die Frage nach dem Einsatz von KI wird nicht endgültig bewertet.

Der Autor Ayad Akhtar nutzte für McNeals finalen Monolog selbst verschiedene Chatbots, setzte die KI als Werkzeug und Kommentator ein. Der Philosoph Daniel Bracker meint dazu, Akhtar bleibe der Autor, weil er die künstlerische Vision hatte, KI gezielt als dramaturgisches Mittel einzusetzen.

Begeisterter Applaus und Standing Ovation am Ende dieses ungewöhnlichen Abends.