„Das Theater geht weiter! Der Kampf geht weiter!“
Das Rheinische Landestheater Neuss eröffnete am 20. September 2025 die Spielzeit mit John von Düffels Uraufführung Die Prinzipalin. Ein zum 100-jährigen Jubiläum des Hauses sehr passendes Stück. Es war eine Auftragsarbeit für den Autor. Erzählt es doch die Geschichte von Caroline Neuber (1697-1760), die 1727 eine Wandertheatertruppe bildete. Höchst ungewöhnlich für diese Zeit, in der einer Frau wenig Rechte zugesprochen wurden.
Caroline Neuber war die Tochter eines gewalttätigen Advokaten, der seine Frau ermordeteund seine Tochter wie eine Leibeigene behandelte, ja sie sogar ins Gefängnis brachte. Ihr einziger Ausweg für sie war die Gründung eine Wandertheatertruppe, die sie als Prinzipalin leitete. Ungewöhnlich auch ihr künstlerischer Anspruch. Obwohl abhängig von der Spielerlaubnis und Finanzierung des Herzogs, die durch einfache Unterhaltungsstücke zu erlangen wäre, wollte sie neue Inhalte vermitteln, eine neue Dramatik einführen. Zu ihren grundsätzlichen Entscheidungen gehört auch die Verbannung des Hanswursts von der Bühne. Diese Figur hatte bisher in den klamaukartigen Schauspielen das Sagen, laut und obszön. Zusammen mit dem Schriftsteller Johann Christoph Gottsched revolutionierte Caroline Neuber das Theater. Offiziell lenkte ihr Mann, Johann Neuber, als offizieller Geschäftsführer die Truppe. Doch sie begann die Reformation auf der Bühne, aber auch die Sozialisierung und Disziplinierung der eigenen Mitglieder. Das Publikum freundete sich nur zögerlich mit dem neuen Stil an. So war die Neuberin gezwungen, immer wieder Burlesken zu spielen. Die Verbindung von Volkstümlichem und Literarischem wurde für sie am Ende ein wirtschaftliches Risiko.
Dirk Schirdewahn, Hausregisseur und stellvertretender Intendant des Neusser Theaters, inszenierte Die Prinzipalin mit einem hervorragenden Ensemble - allen voran ist Hergard Engert als überzeugende Prinzipalin zu loben - und sehr anschaulichen Bildern. Der Abend beginnt vor dem roten Vorhang. Der Chor der Schauspielertruppe der Neuberin singt über ihr Leben, ein sehr lebendiger Auftakt zum auch im Weiteren höchst ansteckenden und mitreißenden Spiel. Im Zentrum des Chores steht der Hanswurst (Simon Rußig), daneben Columbina (Annalisa Hohl), der Erzähler (Stefan Schleue) und Johann Neuber (Benjamin Schardt). Im 1. Akt lernen wir die Neuberin selbst kennen, die zunächst über das mühsame Komödiantenleben singt („…und man nimmt die Wäsche von der Leine“) und dann sich dazu bekennt, Mutter der Kompanie zu sein. Schon hier gab es Szenenapplaus, nicht zum letzten Male an diesem Abend. Eindrucksvoll auch das Bühnenbild. Ein großer, hölzerner Thespiskarren wird hereingefahren, ein Requisit, was später vielseitig verwendet wird.Immer wieder ergänzen musikalische Einlagen das höchst anschauliche Spiel. Und man lernt die Ensemblemitglieder und ihre Geschichte kennen. Ebenso wie den ständigen Kampf ums Überleben. Nicht vergessen sollte man die fantastischen Kostüme dieser Produktion.
Insgesamt ein in jeder Hinsicht mitreißender Abend, der mit reichlich Applaus belohnt wurde. Unbedingt ansehen!