Übrigens …

Planet Magnon im Schauspielhaus Düsseldorf

Die Zukunft ist auch nicht besser

Es ist ein historisch ungewöhnlicher Spagat, mit dem Düsseldorfs neue Intendanz-Hoffnung Wilfried Schulz zum Angriff auf die Neugier seines Publikums am Rhein bläst. Nach der sinnlichen Wildheit des Ur-Mythos von Gilgamesh, immerhin 5000 Jahre alt, zum Auftakt im Zelt auf der Kö, schickt er uns mit dem Planet Magnon in die Zukunft. Autor Leif Randt, hochgelobt für seinen gleichnamigen Science-Fiction-Roman, hat ihn für die Uraufführung im Düsseldorfer Central selbst dramatisiert.

Alexander Eisenach, Gast-Regisseur auch in Zürich, Graz und Frankfurt, hat sich mit seiner Inszenierung des Zukunfts-Mythos ins Jahr 48 AS geschossen. Das sind, nach Randts Zeitrechnung, fünf Jahrzehnte nach der Einführung eines Actual Sanity genannten Computerprogramms, das unser Sonnensystem mit Frieden und Wohlstand beglückt. Sechs bewohnbare Planeten gibt`s in der Randt-Zeit, deren Bewohner die Existenz aller Bewohner in höchste Höhen führen will. Besser: damit beglücken will.

Dass nicht alle so friedlich und selbstlos sind, dürfte auch in einer fiktiven Zukunft nicht neu sein. Ein „Kollektiv der gebrochenen Herzen“, Hank genannt, will wieder das Leid in die Welt(en) zurückholen und lässt dafür alle möglichen Puppen tanzen.

Würden sie doch, um im Bild zu bleiben, „tanzen“, sprich: einen locker-kritischen Abend auf die Bretter des „Central“, Ausweichspielstätte des Düsseldorfer Schauspielhauses, bringen. Doch da ist eher Leid zu sehen. Nicht das der Welt, aber das eines Theaters, das mit Zukunfts-Fiktionen oder gar Visionen seine szenisch-bildnerischen Probleme hat.

Hank, also die „gebrochenen Herzen“, wollen „ein Bewusstsein für das eigene Unglück“ schaffen. Ihnen Paroli zu bieten, sie auszuschalten, werden Marten Eliot (Niklas Maienschein) und Emma Glendale (Hanna Werth) auf die Planeten-Reise geschickt. Sie sind, im Dauerglück erzogen und aufgewachsen, Vertreter des „postpragmatischen“ Kollektivs „Dolphin“. Was sich „tänzerisch“ anhört, ist schwer beladen. Beschwert mit die Ohren zerfetzenden Wortungetümen, die (im Roman) zu lesen sicher nachvollziehbar sein dürften, auf der Bühne aber nur als hoch gezurrte verbale Knallbonbons erlebt werden. Dass Dolphins und Hanks, vom AC-Computer-Programm gewollt und betrieben, sich schließlich vereinigen und damit „Rebellion“ und „Reflexion“ überein kommen, ist schließlich die neueste Strategie des „Herrschaft“-Systems Actual Sanity.

Verwunderlich ist schon der Anfang. Ein kupferner Brauerei-Kessel vor einer edlen marmornen Wand, die von Goldlinien durchzogen ist (Bühne Daniel Wollenzin) bestimmt das Bild. Später erzählt eine gebrochene (Styropor-)Säule von klassischen Tagen. Unter ihr, Zeichen des Niedergang, wird Brenda Fairfax (Nina Steils), AS-Info-Moderatorin, schließlich gar begraben. Was daran „revolutionär“ sein soll – „Revolution“ ist, neben der Liebe, angeblich eins der Hauptthemen des Abends -, bleibt unerfindlich. Und von der dort ebenfalls beschworenen „Liebe“ ist allenfalls ein sexuell anregendes Wortgeplänkel vernehmbar.

Es gibt, um der Fairness gerecht zu werden, aber auch zahlreiche komisch-leichte, ja witzige Bilder und Situationen. Wenn der Dolphin Märten von zwei (schwulen?) Purpur-Kollektivisten“ (Rainer Philippi und Sebastian Tessenow) in einem Mini-Holz-Pool in die körperliche Zange genommen wird, amüsiert das mäßig -aber immerhin.

Insgesamt macht Alexander Eisenachs Inszenierung vor allem eins deutlich: Auch die beste Science-Fiction steht auf den Brettern einer Bühne auf recht schwierigem Gelände, wenn nicht gar auf verlorenem Posten.