Ein Sommernachtstraum im Theater Münster

In einer schwülen Sommernacht...

Laut streitend stürmen Oberon und Titania durch den Zuschauerraum auf die Bühne. Man ist zu einer Sommerparty im Hause des Herrn Theseus geladen. Der Gastgeber - im lila Samtanzug und mit barock üppiger Lockenpracht - tanzt schon innig umschlungen mit seiner schönen und sexy Angebeteten Hippolyta. Auf dem langen Doppelsofa aalen sich Partygäste. Immer mehr strömen durch die Schnur-Vorhänge von allen Seiten herein. Ausgelassen legen alle eine flotte Sohle aufs Parkett und spielen kreischend die „Reise nach Jerusalem“ zu Jazz von The Doors und Duke Ellington oder Big Band-Sound von Benny Goodman, die Barkeeper und DJ Jonas Nondorf auflegt.

Oberon (Cornelius Mickel) ist das alles zu brav. Puck (Tommaso Balbo) soll der Fete Pfiff geben. Als Mohnblume verkleidet schüttelt er aus seinem roten Turban glitzernden Blütenstaub. Der benebelt das bunte Völkchen schnell. Im diffusen Halbdunkel der schwülen Sommernacht tut sich eine Fantasiewelt auf. Lianen schweben herab, Bäume greifen mit ihren Ästen nach den verwirrt umher irrenden Liebenden Hermia und Lysander (Priscilla Fiuza und Erik Constantin), Helena und Demetrius (María Bayarri Pérez und Vladimir De Freitas Rosa). Laszive Szenen spielen sich ab. Da kommt selbst der Schüchterne (Adam Dembczynski) zur Sache und fällt über Titania (Anna Caviezel) her, die plötzlich größte Lust und beste Laune zeigt. „DJ“ Nondorf traktiert nun mit größter Virtuosität sein vielfältiges Schlagwerk.

Als es tagt, schauen manche verlegen, andere frisch verliebt und sehr befriedigt drein. Ende gut, alles gut.

Hübsch im Stil der 1950er Jahre erzählt Hans Henning Paar Shakespeares populärste Komödie. Akrobatisch, deftig und temporeich wird da agiert zwischen Schmusetanz, Boogie, Aerobic und Modern dance. Dass Paar sich hier zuerst als Regisseur, danach erst als Choreograf bezeichnet, macht Sinn. Am besten gelingt der Spagat zwischen Schauspielkunst und Tanz Tommaso Balbo und Adam Dembczynski, der die Handwerkerzunft prächtig vertritt. Die aparte Ako Nakanome (Hippolyta) und der fixe, immer gut gelaunte Marcelo Moraes (Theseus) geben ein zauberhaftes, exzellent tanzendes Paar ab.

Den bescheidenen Bühnenraum des Kleinen Hauses vergrößert Paar geschickt, indem er die Gänge zwischen den Sitzblöcken einbezieht. Die 14-köpfige Truppe ist fast durchweg komplett im Einsatz, wechselnd zwischen Solo- und Gruppenrollen. Zügig und sehr flott geht die bekannte Geschichte in nur siebzig pausenlosen Minuten über die Bühne. Unterhaltsam genug ist das allemal. Sinn macht es auch. Antike und Shakespearezeit holt Paar unverkrampft ins (Fast-)Heute. Das Premierenpublikum zeigte sich begeistert.