Nowhere and Everywhere im Museum Folkwang

Pendeln mit Forsythe

Bei der Ruhrtriennale 2013 begegnet uns der Star-Choreograph William Forsythe nicht im Theater, sondern im Museum. Im Zentrum der Schau, die das Essener Museum Folkwang zeigt, steht die Arbeit Nowhere and Everywhere at the Same Time No. 2. Ursprünglich konzipierte Forsythe die Installation für einen Tänzer und 40 Pendel und zeigte die Arbeit in unterschiedlichen Räumen in New York, London oder Venedig.

Für die Ruhrtriennale dachte er das Konzept weiter, erhöhte die Pendelzahl, ließ den Tänzer weg und band stattdessen den Betrachter in die Installation ein. An der Decke des großen Neubau-Saals hängt ein Gitter, von dem 400 Pendel herab hängen. Das Gitter bewegt sich automatisch, aber unterschiedlich schnell und setzt damit die Pendel in Gang. Die Aufgabe des Betrachters: sich durch das Pendel-Feld zu bewegen, ohne die Pendel dabei zu berühren.

Natürlich ist das ganze System von Forsythe mathematisch durchdacht. Die Pendel bewegen sich nicht irgendwie, sondern folgen einer ausgeklügelten Choreographie und erschaffen beim Schwingen „einen fünfzehnteiligen Kontrapunkt aus verschiedenen Tempi, räumlichen Gegensätzen und Fliehkräften von wechselnder Intensität“. Sprich: Die Pendelbewegungen ändern sich ständig. Wer in das Labyrinth aus Fäden und Pendeln eintritt, bekommt es also nicht mit einer gleichförmigen Bewegung, sondern vielmehr mit unterschiedlichen Bewegungsformen zu tun. Mal schwingen die Pendel sachter, mal heftiger und nur selten bewegen sich alle 400 Pendel in gleicher Art und Weise. Das Durchwandern des Labyrinths erweist sich daher als ausgesprochen trickig und verlangt entweder eine berechnende Voraussicht. Oder eine spontane, extrem lockere Hüfte, um dem ein oder anderen Pendel in allerletzter Sekunde doch noch ausweichen zu können. Dabei ist es erstaunlich, wie sehr der Blick von den Pendeln nach unten gezogen und dort fixiert wird. Das Labyrinth zu durchschreiten und dabei geradeaus statt nach unten zu blicken erfordert neben Konzentration auch einen überraschend großen Willen.

Das Eigenleben der Pendel lässt sich allerdings weitaus besser von außen betrachten. Hier gewinnt Forsythes Installation zusammen mit ihrem Summen und leisen Klicken einen fast meditativen Charakter, vor allem dann, wenn sich gerade kein Zuschauer zwischen den Pendeln befindet. Die zu betrachten hat natürlich auch seinen Reiz. Man stellt fest: Beim Gang durchs Labyrinth teilen sich die Menschen in zwei große Lager: Die einen, die verbissen mit Strichmund das Labyrinth durchmessen. Und die anderen, die Haken schlagen und Spaß am Tanz mit den Pendeln entwickeln.