Bezauberndes Rock-Ballett von "Romeo and Juliet"
Im Düsseldorfer Capitol-Theater hat eine in weiten Teilen bezaubernde Rock-Ballett-Fassung des Shakespeare-Klassikers Romeo und Julia Premiere gefeiert. Im fast ausverkauften Theater beeindruckten vor allem die tödliche Kampfszene zwischen dem dunkelhäutigen Romeo (James Boyd) und seinem Rivalen Tybalt sowie die Liebesszenen zwischen Romeo und Julia (Adrienne Canterna). Letztere wirbelte so herrlich unbefangen und locker durch die insgesamt 24 getanzten Szenen, dass es eine Lust war, zuzuschauen.
Zur Story des weltweiten Klassikers von William Shakespeare muss man nichts mehr sagen. Wie die insgesamt acht Tänzer und zwei Tänzerinnen die großen Gefühle von Liebe und Hass, Freude und Trauer, Hoffnung, Verzweiflung und Lebensangst tanzen, das geht in der knapp zweistündigen Inszenierung wahrhaft unter die Haut, wenngleich auch bei manchem Rock-Pop-Sound mit dröhnenden Bässen beim Tinnitus-geplagten Rezensenten die Ohren grauslich vibrierten.
Das Ganze wirkt ein wenig wie ein alter Stummfilm. Schließlich wird auf der Bühne weder gesungen, noch gesprochen. Die Musik kommt vom Band. Die hervorragenden Akteure, die ganz am Anfang einzeln mit ihren Weltliteratur-Klassiker-Rollen vorgestellt und vorgetanzt werden, bewegen sich fesselnd. Mal grob, mal zart, mal aggressiv, mal einfühlsam. Dann wieder verträumt, sehnsüchtig, verliebt, zweifelnd oder angsterfüllt und immer wieder hoffnungsvoll.
Die Handlung von den beiden Liebenden, die aus zwei verfeindeten Familien stammen, wird von Musik, Tanz und Videoproduktionen getragen, die die Zuschauer einfühlsam durch die Story führen. Hip-Hop und Akrobatik, Vivaldis Vier Jahreszeiten und aktuelle Hits von Lady Gaga oder David Guetta lassen das Ensemble himmlisch über die Capitol-Bühne schweben. Einzig das blaue, rote oder lilafarbene Licht schmerzt mitunter die Augen, wenn es scheint, als wäre man auf einem nächtlichen Flugfeld des örtlichen Airports in Düsseldorf.
Ein Bühnenbild gibt es in der getanzten Variante der weltweit wohl berühmtesten Liebesgeschichte nicht. Für die einzelnen Szenen werden immer wieder Videobilder auf den Bühnenhintergrund geworfen. Passend. So konzentriert sich das Auge des Besuchers rein auf den Tanz. Bei der Premiere kommt immer wieder Beifall zwischen den einzelnen Szenen auf, am Ende stehen die allermeisten Zuschauer und klatschen begeistert minutenlang Applaus.
Am Ende - natürlich - gibt es Tod und Verzweiflung auch im Capitol-Theater. Julia „stirbt“ reichlich lange zuckend an dem vom Mönch gebrauten Gift, das doch noch vorübergehend die Todessymptome zeigt. Möglicherweise wegen des am Donnerstag Abend andauernden Streiks der öffentlichen Verkehrsmittel auch in Düsseldorf kommt der Bote für Romeo mit dem darüber aufklärenden Brief des Mönchs aber viel zu spät. So liegen ganz am Ende des getanzten Rock-Balletts die beiden Helden und Paris, der den für tot gehaltenen Körper von Julia für sich behalten wollte, tot auf der Bühne. In der grell beleuchteten Schluss-Szene führt Benvolio die Totenparade der „Überlebenden“ an.