Grandiose Vorstellung vom "Sacre" zum Auftakt des Düsseldorf-Festivals
Mit einer beeindruckenden Version von Igor Strawinskys 1913 uraufgeführten Ballettmusik Le Sacre du Printemps hat das diesjährige Düsseldorf-Festival begonnen. Dargeboten wurde die heidnische Feier zum Todestanz eines jungen Mädchens von der aus Australien angereisten Kompagnie Circa mit sechs männlichen und vier weiblichen faszinierenden Tänzern und Tänzerinnen.
Die Bühne im vollständig besetzten Festivalzelt im Herzen der Düsseldorfer Altstadt ist während der gesamten rund 90-minütigen Aufführung schwarz und leer. Einzig eine kreisrunde Lampe scheint wie ein kleiner Scheinwerfer auf das Geschehen auf der Bühne, auf der sich die zehn Tänzerinnen und Tänzer tummeln. Dazu gibt es vom Band teils extrem laute Musik, zu der sich die Darsteller mal kriechend, mal rollend, mal springend, fallend oder schleichend, liegend oder auf dem Boden wälzend bewegen. Knappe schwarze Kleidung - Hosen und T-Shirts für die Männer und knappe Kleider für die Frauen. Die Darbietungen sind schweißtreibend. Das Publikum verfolgt sie während der faszinierenden Darbietung begeisternd schweigend.
Die teils etwas zu laut eingesetzte Musik vom Band erinnert anfangs an Fliegerangriffe, an Maschinengewehrsalven oder kreischende Eisenbahnschienen. Die Tänzerinnen und Tänzer drehen sich auf der düster-dunklen Bühne um- und ineinander. Manchmal fallen sie rückwärts und werden im letzten Moment aufgefangen, dann scheinen sie sich übereinander zu stapeln, Pyramiden zu bauen, Kraftproben miteinander auszufechten..Dabei sind in vielen Momenten die Frauen auch die im wahrsten Sinne "tragenden Figuren", in diesem schweigsam-düsteren Ballett. Beim stakkatohaft flimmernden kleinen Oberlicht laufen die Tänzerinnen und Tänzer auf- und umeinander zu, fangen sich gegenseitig auf, lassen sich gegeneinander prallen und springen aufeinander zu.
Mal hört es sich aus dem Off an, als ob Schüsse knallen, mal zucken die Körper der Akteure, als ob sie unter Strom gesetzt würden, dann wieder kriechen und drehen sich die Figuren auf dem Boden aufeinander zu. Nicht selten wirkt das Geschehen auf der schwarzen Bühne wie ein Kampf, wie Angriff und Abwehr. Die Tänzerinnen und Tänzer rennen, rasen, flüchten voreinander und retten mitunter den- oder diejenige, die bei dieser Feier zum Todestanz nicht unter-gehen sollen.
Manchmal ist die Musik gigantisch, ohrenbetäubend und man bedauert, keine Ohrenstöpsel dabei zu haben. Mal sind ist die Musik beim Sacre aber auch melodisch, sanft und einschmeichelnd. Wenn etwa die Oboe mitsamt einer Flöte die Figuren auf der Bühne zum Schweben zu bringen scheint, wenn alle zehn Darsteller im Kreis liegend und stehend etwas in den Händen zu halten scheinen, das sie dem Göttlichen entgegenstrecken. Momente, die bei der Vorstellung an afrikanische oder südamerikanische Glaubensrituale erinnern. Ganz am Ende wirkt das Tanzspektal der australischen Kompagnie Circa so, als ob eine Figur von allen anderen nicht etwa geopfert, sondern vielmehr gerettet wird.