Übrigens …

Afterlife Afterlove Afterdeath. im Theater Münster

Vor und nach dem Todesfall

Zwei finden sich und werden ein Paar. Er, der Macho, der die anderen Tänzer im Club an den Rand drängt. Und sie, die ebenso dominant ist, aber auf mitreißende Art alle hinter sich schart. Zu wummernden Beats und dunkelbuntem Licht tanzt die ganze Gruppe sich in Ekstase, und als Zuschauer würde man am liebsten selbst aktiv werden. Bis das Unglück geschieht.

Lillian Stillwell hat gemeinsam mit Tom Ryser diesen Teil ihres neuen Tanzabends „Afterlife Afterlove Afterdeath“ schon in früherer Zeit geschaffen. In Münsters Kleinem Haus entfacht die Chefin des Tanztheaters nun ein nicht gerade leises Spektakel, auf dessen Lichteffekte vorsorglich hingewiesen wird. Denn in dem Club, den der Theaterraum darstellt (Ausstattung Felicia Riegel) , herrscht zunächst ein wundersames Chaos zwischen Tanz und Zappelei, in dem der Neuling mit weißer Jacke (Yoh Ebihara) aggressiv stört. Als aber die coole Frau (Aline Serrano) auftaucht, wird nicht nur der Kerl zahmer. Es entsteht auch Harmonie zwischen den einzelnen Personen, sie tanzen etwa in zwei Fünferreihen miteinander. Aus dem Sound des DJ-Duos Schwifi hatte sich da bereits die alte Cher-Nummer „Do you believe in love after love“ herausgeschält, denn es geht auch um Trennung und Vereinzelung in der Gruppe. Auf dem Höhepunkt der Stimmung indes bricht der Mann tot zusammen, und während die anderen es kaum bemerken und gar mit Opfer-Posen kontrastieren, gerät die Frau in Verzweiflung über ihren Verlust: Von Aktionismus bis Zorn reichen ihre Reaktionen, und fast wirkt es zynisch, dass die Gruppe ihr zum Ende des ersten Teils mit fröhlichem „Happy Birthday“ ein Ständchen bringt.

 

Der zweite, jetzt uraufgeführte Teil setzt hier an und bringt den Toten als weiße Geistererscheinung in ein Nebelmeer, worin auch andere Wesen schweben. Wie ein Reigen seliger Geister wirkt das aber nicht, eher wie eine Spiegelung der lebendigen Welt. Die kommt schließlich auch wieder ins Spiel: Zunächst bewegt sich die Frau mit zwei Männern wie zwischen den Gräbern der Verblichenen, und wenn Lillian Stillwell dann aus drei Menschen und sechs Geistern immer neue choreagrafische Bilder formt, gelingt es den Toten nur partiell, sich an die Lebenden zu wenden.

 

Die Zweiteilung des Tanzabends rührt an die nicht zu beantwortenden Fragen von Tod und Verlust: Ist die Handlung im Club noch stimmig lesbar, so sperrt sich die Fortsetzung nach der Pause vor schlichtem Trost und eindeutigen Aussagen. Was so laut und launig beginnt, klingt nachdenklich aus. Großer Beifall des Premierenpublikums dafür und für ein hingebungsvolles Ensemble, das wieder eine neue Facette des Tanztheaters in Münster präsentiert.