Product Placement
von Barbara Overbeck
Die öffentlichen Kassen sind leer. Das ist nicht neu. Warum aber nutzen die ständig über Geldnot klagenden Theater und Opernhäuser die ultimativen Möglichkeiten des Sponsorings eigentlich nicht aus ? Es ist doch wirklich langweilig, einfach nur die Firmennamen im Programmheft abzudrucken. Da sollten die Verantwortlichen doch endlich mal etwas weiter denken. Einigen Opern wurde ein bestimmter Sponsor geradezu auf den musikalischen Leib komponiert. Kennen Sie noch den freundlichen, älteren Herrn, der immer aus den Büschen sprang, um seine Orangen zu zeigen. Richtig, Onkel Dittmeyer, schmeckt wie frisch gepresst. Und was passt da besser als Onkel Dittmeyer und seine Liebe zu den Drei Orangen, die Musik zum Werbespot komponiert von einem gewissen Sergej Prokofjew. Das Ziel des Sponsors wäre dann voll erreicht, wenn es heißen würde, Mensch dieser Prokofiew klang ja wieder wie frisch gepresst. Natürlich lassen sich auf diesem Gebiet noch zahlreiche andere Beispiel finden, der Rosenkavalier darf natürlich nur von Fleurop präsentiert werden, jede Salome-Aufführung wird von Aspirin unterstützt, „wir schalten den Kopfschmerz ab – sofort“, und das Wolfgang Borchert Drama Draußen vor der Tür könnte durch jeden örtlichen Schlüsseldienst, „wir kommen auch nachts“, aufgepeppt werden.
Man könnte aber auch ganz neue Absatzmärkte schaffen und Menschen in die Theater locken, die nie ein solches von Innen gesehen haben. Liebe Theaterleute, wenn Ihr euch immer wieder beklagt, die jungen Zuschauer würden wegbleiben, dann seid doch bitte nicht so phantasielos. Natürlich kommt keiner, wenn auf dem Spielplan Wagners Meistersinger steht, aber wie wäre es mit einer kleinen Umbenennung: Richie sucht den Superstar, da ist die Bude garantiert voll.
Richtig teuer wird es für den Sponsor aber erst dann, wenn der Markenname wie selbstverständlich in der Inszenierung auftaucht. Produkt Placement heißt der branchenübliche Fachausdruck. Und dieser Aspekt eröffnet ganz neue Herausforderungen für die Regisseure. Stellen Sie sich einmal die dramaturgische Eleganz vor, wenn Tosca soeben von der Engelsburg gesprungen ist und dann ein Transparent entrollt wird: „Tosca – was bleibt ist ein Hauch von Zärtlichkeit“. Wem dieser Spruch schon ein wenig altbacken erscheint - man kann es auch radikaler angehen: Tosca springt gar nicht, sondern dreht sich auf dem Höhepunkt der Dramatik zum Publikum um, öffnet eine Dose und sagt in die Generalpause hinein, „Red Bull verleiht Flügel“ und entschwindet nach oben. Ja, die Kritiker würden doch jubeln. Oder wie wäre es mit dieser Szene, gegeben wird Wagners Lohengrin, wir sehen keine Biogasanlage sondern eine öde Fabriklandschaft. Elsa und Lohengrin sind in sterile Laborkittel gehüllt, dann blinkt plötzlich eine rote Neonleuchtschrift auf: „Zimbo Geflügelwurst“. Da erscheint die Arie „Nun sei bedankt mein lieber Schwan“ in einem ganz neuen Licht. Und da ich gerade von Wurst rede, lassen Sie sich doch einmal das Wort Macbeth auf der Zunge zergehen. Mac und Beth. Zwischen McChicken oder McFish liegt dann der saftige Macbeth - extra blutig versteht sich. Shakespeare-Wochen bei McDonalds, das wäre doch mal was...