Übrigens …

Nachts in der Wüste

von Christoph Schulte im Walde

Grenzen überwinden, Brücken schlagen, Kulturen miteinander in Dialog bringen – das ist die Mission, die Werner Ehrhardt und sein Ensemble l’arte del mondo schon seit Jahren antreibt. Das jüngste Projekt kam jetzt in der Bagno-Konzertgalerie im münsterländischen Burgsteinfurt zur Uraufführung: „Night in the Desert – a journey from the West to the East“.

Ein Abend irgendwo im Orient, eine Nacht in der Wüste, in der Einsamkeit... solche Stimmungen prägen das Programm, das Werner Ehrhardt zusammen mit Yair Dalal und dem von ihm 1994 gegründeten Al Ol Ensemble entwickelt hat und klanglich in Szene setzt. Das reicht von Peter Tschaikowskys Nocturne über Edward Elgars Serenade bis hin zu Gabriel Faurés berühmter Pavane – bereichert durch die dezidiert orientalische Klangwelt, wie sie in den Kompositionen Yair Dalals vorherrscht. Dabei geht es nicht um ein Neben-Einander, sondern stets um das Mit-Einander der beiden so unterschiedlich verorteten Ensembles. Edvard Griegs Arabischer Tanz (aus der Peer-Gynt-Suite) bekommen dank Oud, Sitar und Perkussionsinstrumente ein authentisches Aroma und man fragt sich staunend: ist das wirklich Grieg? Oder ist das wirklich Mussorgsky, die Bilder einer Ausstellung von Samuel und Schmuyle? Es ist schon spannend, von den in Musik hineingegossenen europäisch geprägten Vorstellungen vom Orient zu erfahren – und zu erleben, wie nah sie an die „wahre“ Musik der arabischen Welt heranrückt. Die Konzentration des Publikums in der ausverkauften Burgsteinfurter Konzertgalerie war groß, der Fluss der Zeit auf Anhieb vergessen. Sie scheint vor allem gar keine Rolle zu spielen in Yair Dalals ätherischem Liebeslied, das aus dem Nichts aufsteigt und im Nichst wieder versinkt. Arvo Pärts direkt im Anschluss daran gegebene Streichermeditation Fratres wirkte da fast schon als Sinnbild für die Trockenheit, ja Dürre der Wüste.

Anders als das im Januar 2009 ebenfalls im Bagno uraufgeführte Opernpasticcio Armide (basierend auf Georg Friedrich Händels Oper) liefert „Night in the Desert“ keine ausformulierte Geschichte, gleichwohl folgt der Abend einer überzeugenden Dramaturgie, die in den Bann zieht. l’arte del mondo, zur Zeit mit mehreren Projekten gleichzeitig heftig beschäftigt, agiert nicht ganz auf dem sonst üblichen hohen musikalischen Niveau; Arvo Pärt verunglückt in Sachen Intonation, anderswo gibt es mitunter ein paar rhythmische Stolperstellen. Das wird sich nach dieser Uraufführung aber gewiss bald legen.