Nach der Ruhrtriennale 2012 - ein Rückblick
Sechs Wochen Ruhrtriennale - sechs Wochen Musik, Theater, Tanz und noch viel mehr. Für theater:pur ziehen Bilanz: Andreas Falentin, Marieluise Jeitschko, Andreas Meyer, Martin Schrahn und Dietmar Zimmermann. Klicken Sie auf den Button "Übrigens".Ruhrtriennale 2012
Reisezeit. Heizdecken einpacken!
von Andreas Meyer
Nun also Heiner Goebbels. Dem charmanten Rattenfänger Gérard Mortier, dem polternden Berserker Jürgen Flimm, dem stillen Missionar Willy Decker folgte als Leiter der Ruhrtriennale ein intellektueller Experimentalist. Seine drei Vorgänger verstanden es jeder auf ihre Art, die Arme auszubreiten und einzuladen. Das ist Heiner Goebbels’ Sache nicht. Seine Ruhrtriennale strahlt schon beim Außenauftritt vom Plakat mit nackten, benebelten Baumstämmen bis zum spröden Eisblau des Saisonheftes eine gewisse Kühle aus.
Er hängt die Messlatte hoch, macht den alten Gegensatz auf zwischen dem bösen „medialen Alltag“, in dem „wir alles zubereitet und totalitär vorgesetzt“ bekommen und der guten Kultur, dem „Schutzraum“ Theater, „in dem alles wieder möglich ist“. Doch hinter den sorgenden Worten verbirgt sich ein sehr spezielles, verkopftes Kulturverständnis, dass sich in der Vermittlung übrigens ähnlicher Mechanismen bedient wie der gegeißelte Medienalltag: Natürlich funktioniert Goebbels’ Unterhaltungsmaschine exzellent, wenn ich bei Europeras 1 anderthalb Stunden vor einem perfekt abschnurrenden Reigen aus brandneuen Dekorationen und opulenten Bildern sitze. Natürlich ist ebenso „totalitär vorgesetzt“, seinem Publikum zweieinhalb pausenlose Stunden altgriechischen Prometheus ohne Übertitel zu verordnen. Und das auch noch auf traditionellen, handelsüblichen Tribünen, die dem Publikum nur eine Blickrichtung aufzwängen.
Erfrischend aus diesem strengen Rahmen fiel da die großartige Ausstellung 12 Rooms, die der angestrebten Verschmelzung zwischen bildender und darstellender Kunst am nächsten kam. Auch das poetische Soapera von Mathilde Monnier oder die Film-Performance Everyday von Christian Marclay zeichneten sich durch eine ebenso anregende wie unprätentiöse Vitalität aus. Eine der originellsten, frischesten Vorstellung aber gab die Kinderjury, als sie am 30.9. ihre Children’s Choice Awards vergab. Was passiert nun mit diesen tapferen, konditionsstarken Kulturneulingen? Wird man sich dieser PR-trächtig inszenierten Gruppe entledigen wie einer ausgedrückten Zitrone? Oder sieht man sich in der Verantwortung, weiter – auf neudeutsch: „nachhaltig“ – mit diesen Kindern umzugehen? Wird es eine 2013 eine neue Jury geben? Wenn ja, wird sie wieder, wie 2012, auf Wunsch des Format-Erfinders Darren O’Donnell mit Schülern und Schülerinnen von Gesamtschulen besetzt sein? Oder strebt man eher eine elitärere Zusammensetzung an? Gerade auch am Umgang mit dieser Jury wird sich zeigen, wie viel Platz für Menschen in dieser Ruhrtriennale tatsächlich ist.
Die erste Saison lässt vermuten, dass der Kulturansatz von Heiner Goebbels und seinem Team ein verschlossener, bisweilen misanthroper ist. Aber wir sind erst am Anfang. Zwei Jahre liegen noch vor uns. Machen wir also die Reise um ihre Welt, und sehen, ob vielleicht von hinten irgendwie eine elfenbeinerne Tür zum Paradies der subventionierten Höchstkultur offen ist. Oder ob es sich außerhalb nicht auch ganz passabel leben lässt.
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Zur Ruhrtriennale
von Andreas Falentin
Heiner Goebbels macht vieles anders als seine Vorgänger. Er will den Menschen im Ruhrgebiet „etwas zeigen, was sie sonst nicht sehen können.“ Also nichts, was die Sprech-, Musik- und Tanztheater des Ruhrgebietes üblicherweise auf sehr gutem Niveau machen, keine klassischen Konzerte, Theaterstücke, Opern und Ballette. Dafür Performance, Architektur, Installation, Kammermusik im Industriedenkmal. Und offen soll das Kunstwerk sein für den subjektiven Zugriff des Rezipienten. Das heißt: alles ist immer neu. Der Zuschauer muss es sich selbst erarbeiten, bewusst Entscheidungen treffen und den distanzierten Konsumentenblick aufs große Ganze aufgeben und: Wenn man Erwartungshaltungen an das Kunstwerk heranträgt, werden sie notwendig enttäuscht.
Vielleicht ist hier ein Grund zu suchen für die teilweise frostige Aufnahme in den Feuilletons der überregionalen Zeitungen. Der Großkritiker gibt nicht gerne die Kontrolle auf, kann das vielleicht gar nicht und nimmt es dann übel. Er will sich nicht seine eigene Geschichte bauen. Er ist was Besseres und bezeichnet die programmatische Offenheit dann gerne als unentschieden, kraftlos oder gar oberflächlich. Auch das Eventpublikum hat zu kämpfen. Keine klassische Handlungsdramaturgie. Keine sorgsam portionierten Informationshäppchen. Man muss sich einlassen oder nach Hause gehen. Oder man langweilt sich auf niedrigem Niveau.
Lemi Ponifasio lässt sich von Orffs Musik und dem Klang der altgriechischen Sprache seines Prometheus zu etwas ganz Eigenem inspirieren, das nichts mit einer klassischen „Inszenierung“ der Oper zu tun hat. Romeo Castellucci führt in FOLK. die Ritualisierung von Begegnung vor, die Individualisierung des Rituals und schließlich die Orientierungslosigkeit, wenn die Krücke wegbricht.
Und Europeras bietet betörend Schönes an, Musik und Bild, Mensch und Ton, alles gleichzeitig, gehüllt in Liebe, einen Wald der bunten Wunder, den man aber nur genießen kann, wenn man sich – im übertragenden Sinne – hinein wagt ins dunkle Grün, nach den Wegen späht, die Blüten riecht, mal ein Blatt in die Hand nimmt. Wenn man von seinem Feldherrenhügel, der die Illusion verschafft, den Wald zur Gänze zu betrachten, nicht hinuntersteigt, hat man nichts davon.
Und Goebbels‘ Triennale beteiligt die Menschen, arbeitet viel mit Laien und Statisten, auch und vor allem mit Kindern, die, etwa durch das no education–Projekt sogar an der Festivalgestaltung aktiv mitwirken können. In vielen Projekten rückt zudem das Publikum in den Fokus, wird auch bewusst Teil der Vorstellung. Als in FOLK. kurz und kräftig der Raum geflutet wird, kann man Sozialstudien treiben, Gruppenbildungen beobachten wie Verteidigungen des individuellen sozialen Raums. Nah am Ritual, nah am Thema.
Mich ärgert, wie diese aggressionslose, den teilnehmenden Menschen ins Zentrum stellende Innovation auf den Altären der Feuilletons zerhäckselt wird. Ich wünsche mir sehr, dass Heiner Goebbels, eigentlich zweifele ich nicht daran, seinen Weg entschlossen weiter geht, dass das „Adabei“-Publikum weniger wird und (noch) mehr Menschen kommen, für die diese Kunst etwas Besonderes sein kann, auch wenn sie noch nie ein Theater von innen gesehen haben!!
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Ruhrtriennale 2012
von Marieluise Jeitschko
Unter Heiner Goebbels ist die Ruhrtriennale informeller und experimenteller geworden. Die Einbeziehung der bildenden Kunst verleiht ihr ein neues Flair. „Installation“ und „Performance“ traf man vor, um und in den Aufführungshallen an. Das Folkwang-Museum (erstmals dabei) öffnete sich für „lebende Installationen“. Improvisation und Werkstattcharakter passen gut zu den ehemaligen Arbeitsstätten.
Am meisten umdenken mussten die Opern-Gourmets. Alle drei Musiktheater-Inszenierungen boten Nicht-Opern, freilich vorzüglichst musiziert.
Herbe Enttäuschungen hatte - wider Erwarten - die Tanzgemeinde zu schlucken. Hatten die beiden ersten Intendanten, Gérard Mortier und Jürgen Flimm, mit großem Welttheater das Festival in die internationale Aufmerksamkeit katapultiert, packte Willy Decker mutig und sensibel und hochästhetisch das brisante Thema der Weltreligionen an. Gelassen gab sich in seinem ersten Jahr Heiner Goebbels und präsentierte „Goebbels and Friends“ - eine Sicht auf die eher unteren Schichten der Welt heute.
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Triennale 2012
Das große Versuchslabor des Heiner Goebbels
von Martin Schrahn
„Worum geht’s denn hier eigentlich"?“, fragte mich eine treue Triennale-Besucherin zum Stück When the mountain changed its clothing. „Früher, bei Mortier, war ja klar, woran man war, aber heute...“. Ja damals, 2002, als das Ruhrgebiet zu diesem Festival kam wie die vielbeschworene Jungfrau zum Kind – uns beschert von der Landesregierung und einem Kulturminister namens Michael Vesper –, gab es Kreationen, Oper, Schauspiel, Tanz und Konzert. Gründungsintendant Gerard Mortier mochte Schuberts Winterreise in einem Boxring singen und spielen lassen oder in Christoph Marthalers Zeitlupentempo Schönbergs Pierrot lunaire zelebrieren: Handfestes gab es immer zu sehen.
Blättert man in den alten Programmen, im Internetarchiv der Triennale, fällt, im Wechsel der Intendanten, manche Akzentverschiebung auf. Die von Mortier erfundenen Kreationen wurden weniger, inhaltliche Schwerpunkte sollten für rote Fäden stehen, später gab es einen thematischen Überbau. Unter Willy Decker schließlich verhandelte die Kunst, mehr oder weniger sinnfällig, die Religion.
Wer dies über nunmehr zehn Jahre verfolgt hat, steht nun vor gänzlich Neuem. Vor Stücken und Formen des Theaters, die es zu enträtseln gilt. Vor einer oft faszinierenden Ästhetik der Bilder, die allerdings eher dem Prinzip l’art pour l’art gehorchen, weniger einer in sich schlüssigen Dramaturgie. Kurzum: Der neue Intendant Heiner Goebbels setzt auf das große Experiment. Bedient damit vor allem den intellektuellen Kern des Triennale-Publikums, das etwa in traditionellen Opernaufführungen kaum zu finden ist.
Große Musiktheaterproduktionen der Vorjahre, nennen wir nur Die Soldaten, Tristan und Isolde oder Moses und Aron, haben mehr oder weniger starken Mischformen des Dramatischen weichen müssen. Goebbels lässt in erster Linie Ernstes verhandeln, bisweilen kommt Poesie ins Spiel. Wirklich spektakulär ist eigentlich nur John Cages Europeras 1&2 geworden, in des Intendanten Regie: ein wildes, mild ironisiertes Opernpasticcio. Dann Orffs Prometheus mit all seiner Wucht, Archaik und kunstvoller Instrumentierung. Anderes wurde vom sinnsuchenden Publikum zumindest brav akklamiert.
Heiner Goebbels wird das nicht aus der Bahn werfen. Experimente folgen auch dem Prinzip „Try and error“. Ob daraus aber die Rückkehr zur theatralen Klarheit, zum handfesten Stück erwächst, darf bezweifelt werden. Die Eröffnungspremiere der Triennale 2013 jedenfalls weist in die Richtung des Neuen. Harry Partchs Delusion oft he Fury begibt sich auf die Spuren der Mikrotonalität, gespielt teils mit vom Komponisten neu entwickelten Instrumenten.
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Ruhrtriennale 2012
- Der erste Jahrgang von Heiner Goebbels -
von Dietmar Zimmermann
Ein unterdrückter Jubelschrei, als die Ernennung von Heiner Goebbels zum neuen Intendanten der Ruhrtriennale bekannt gegeben wurde: Das verspricht Experimentelles, Performance Kunst, einen völlig neuen Ansatz nach drei eher langweiligen Jahren unter Willi Decker. Eine Weiterführung des Ansatzes des ersten Intendanten Gerard Mortier, der für die genreübergreifenden Produktionen den Begriff „Kreationen“ erfunden hatte. Es verspricht die fortschreitende Verschmelzung von Musiktheater, Schauspiel, Tanz und Performance-Kunst.
Ein breites Strahlen auf dem Gesicht, als das Programmheft erscheint. Namen, die wir nie zuvor in NRW gehört oder erlebt haben, wechseln sich ab mit Namen, auf deren Auftritte wir lange warteten: Robert Lepage zum Beispiel, das Nature Theatre of Oklahoma oder John Cages als unspielbar geltende Opern-Collage Europeras. Und mit Namen, die in den vergangenen Triennale-Spielzeiten für die Höhepunkte auf dem Sektor des Choreographischen Theaters sorgten: Anna Teresa de Keersmaeker und, mehr noch und tatsächlich genreübergreifend, die Needcompany von Jan Lauwers.
Dann die ersten Bedenken: Die Theater-Enthusiasten, die ich traf – regelmäßige Konsumenten des Schauspiels und Tanztheaters im ganzen Land -, reagierten mit Ratlosigkeit und Skepsis: „Das sagt mir alles nichts“, „Ich weiß überhaupt nicht, was mich dort erwartet.“ Im besten Falle: „Na ja, ich habe mal eine von den Aufführungen gebucht, die Sie empfohlen haben.“ War es zu mutig, den Anspruch des Festivals, Internationalität in den Ruhrpott zu holen, so konsequent einzulösen? War Goebbels zu optimistisch, als er zu Beginn seiner Intendanz glaubte: „Ich bin mir sicher, unser Publikum ist neugierig“? Und er ihm deswegen „eine starke künstlerische Erfahrung … mit etwas, das wir noch nicht kennen: ein ungesehenes Bild, ein ungehörter Klang, eine nicht für möglich gehaltene Bewegung“ verschaffen wollte?
Nein. Eine Auslastung von 85 % in der ersten Spielzeit ist für einen solchen Ansatz alles andere als eine schlechte Quote. Die einzige Aufführung, die zu keinem einzigen Termin ein ausverkauftes Haus hatte, war ausgerechnet Robert Lepages Playing Cards 1, eine im erzählerischen Vorgehen eher konservative, aber in den Mitteln der Erzählung ungeheuer innovative, voller Theater-Magie steckende Inszenierung, die zwar nicht jedem Kritiker, aber nahezu allen Zuschauern, die ich nach der Aufführung befragte, ausnehmend gut gefallen hat. Sie war nicht mehr so bombastisch wie manches, was Lepage in den letzten fünfzehn Jahren produziert hatte, aber sie schlug mehr und mehr in den Bann. Wieso kannte im Ruhrgebiet keiner diesen kanadischen Theatermagier? – Jede Wette: Bei Teil 2 im kommenden Jahr wird es voller!
Heiner Goebbels ging mit seinem Spielplan ein hohes Risiko ein. Natürlich kann da nicht alles gelingen. Die mit Spannung erwarteten Europeras gerieten trotz phantastischer Kulissen, großen technischen Aufwands und herausragender Präzision ein wenig spröde. Der Prometheus mit stundenlangen Rezitationen in griechischer Sprache überforderte alle – ein Flop. Aber sonst: Standen wir sonntagsmorgens um 5:00 a.m. (!) zweimal vor der roten Ampel auf der Linksabbieger-Spur zur Jahrhunderthalle, bis wir die Kreuzung überqueren konnten - um uns dann in einem ausverkauften Haus von den sagenhaften Sängern von graindelavoix und de Keersmakers ROSAS-Tänzern in den Sonnenaufgang und in eine meditative Trance wiegen zu lassen. Jan Lauwers bestätigte erneut, dass kaum jemand so gut Geschichten erzählen kann wie er: Poesie und Härte, Ironie und Kitsch, Spannung und Gelassenheit wechselten sich ab bei Marketplace 76. Zugegeben: The Deer House von der gleichen Company im letzten Jahr der Triennale Flimm war noch perfekter, ergreifender, erschütternder, poetischer – aber gutes Theater war’s auch diesmal. Mehr und mehr scheint sich die Needcompany aber dem „klassischen“ Genre des Schauspiels zuzuwenden. Boris Charmatz aus Rennes, den wir im Ruhrpott noch nicht kannten, zeigte eine beeindruckende, auch erschütternde Choreographie mit Kindern, die in der anschließenden Publikumsdiskussion zu vielfältigen, einander widersprechenden Interpretationen Anlass bot – das muss nicht unbedingt ein Nachteil sein. Das hochgelobte und weltweit gehypete Nature Theater of Oklahoma zeigte ein ziemlich langes, ziemlich banales Stück seiner Life and Times-Serie – enttäuschend, aber wir wissen jetzt wenigstens, was für eine enervierende Chatterbox Kristin Worrall ist, deren Lebensgeschichte da erzählt wird. Heiner Goebbels‘ Zusammenarbeit mit den Mädchen von „Carmina Slovenica“ war bzgl. der Intention der erzählten Geschichte nicht einfach zu durchschauen, überzeugte aber durch die musikalische Leistung und die intensive, dichte Atmosphäre.
Ach ja, fast hätte ich’s vergessen: Wirklich neu war der Ausflug der Ruhrtriennale auf das Gebiet der Bildenden Kunst. Selten wurde so überzeugend aufgezeigt wie in den 12 Rooms, der ersten Zusammenarbeit der Ruhrtriennale mit dem Museum Folkwang, dass auch diese heute mit der Darstellenden Kunst korrespondiert und interagiert. Auch hier waren nicht alle der zwölf Live-Installationen gleichermaßen überzeugend, aber die Begegnung mit den Menschen als Kunstwerken fasste einen an: Sie testete die Grenzen der Intimität, hob die gesellschaftliche Konvention im Umgang mit fremden Menschen auf und triggerte die gedankliche Auseinandersetzung mit dem Weg, den einstmals bahnbrechend neue Kunst gegangen ist: von der Provokation zum elitären Museumserlebnis. Und der Pulse Park hinter der Jahrhunderthalle, in dem Rafael Lozano-Hemmer die Herzschläge von insgesamt 13.000 Besuchern in Licht verwandeln ließ, war schlichtweg überwältigend. Und noch dazu umsonst – das Kardiogramm war free of charge.
Heiner Goebbels hat die Ruhrtriennale in diesem Jahr erstmals tatsächlich in ein genuin internationales Festival verwandelt – wenn der Eindruck nicht täuscht, ist auch die Anzahl der Besucher aus dem Ausland gestiegen. Die durchschnittliche künstlerische Qualität (falls sich so etwas überhaupt messen lässt) und erst recht der Innovationsgrad lagen um Lichtjahre über denen der Decker-Jahre; allenfalls Mortier konnte zu Beginn mithalten. Dem aber spielte noch der Überraschungseffekt und die Neugier auf das Neue in die Karten. Gerüchteweise gibt es für eine Reihe von Produktionen bereits Anfragen anderer Festival-Veranstalter oder einzelner Produktionshäuser auf Übernahme – so könnte die Ruhrtriennale zumindest einen kleinen Teil ihrer immensen Kosten wieder einspielen. Dann gibt es halt wieder ein paar reisende Festival-Produktionen mehr. Aber eines kann man Heiner Goebbels nicht vorwerfen: Trotz de Keersmaker, Lauwers oder Needcompany war dieses Festival kein austauschbares, das die gleichen Produktionen zeigte wie die Konkurrenz überall auf dem Globus. Es hatte ein ganz eigenes, individuelles Gesicht, das zudem wunderbar in die Kathedralen der alten Industriekultur passte. Wenn man meckern will: Die wurden noch nicht optimal genutzt. Es gibt halt so wenige Künstler, die diese einzigartigen Räume individuell zu bespielen verstehen. Aber das war bei den vorangegangenen Triennale-Jahrgängen auch nicht anders.
Ansonsten: Weiter so, Heiner Goebbels, auf ein Neues in 2013. Vorhang. Rhythmisches Klatschen.