Übrigens …

Kalte Dusche

Man kann nicht immer Glück haben. Letztes Jahr gelang Urbane Künste Ruhr mit Pulse Park von Rafael Lozanos-Hemmer an der Bochumer Jahrhunderthalle ein Triennale-Coup. Die Lichtinstallation lockte die Menschen in großer Zahl in den Westpark, die Warteschlange an Freiwilligen, die ihren Puls in Licht umgesetzt wissen wollten, war regelmäßig beträchtlich lang. Und schließlich tauchte Puls Park den uns vertrauten Westpark tatsächlich in ein neues Licht.

Dieses Jahr steuert Urbane Künste Ruhr zur Ruhrtriennale den Tower des Londoner Künstlertrios rAndom International bei. Aus 520 Düsen fallen am Kokskohlenbunker der Essener Zeche Zollverein aus 19 Meter Höhe 800 Liter Wasser pro Sekunde. Der Ort für dieses Wasserspektakel ist nicht zufällig gewählt. Hier, auf Zollverein, wird noch immer die Wasserhaltung des Zechengeländes kontrolliert und Wasser abgepumpt. Das Kunstwerk soll unterirdisch ablaufende Prozesse sichtbar machen. Und natürlich ist Tower vor allem ein Kunstwerk, das – so der Wunsch – „im Spannungsfeld zwischen Natur und Architektur unvergleichliche Erlebnisse schafft und den Blick auf das Welterbe Zollverein noch einmal neu definiert“.

Diesem hohen Anspruch wird die Installation allerdings nicht gerecht. Der Name Tower legt zwar eine gewisse massive, unverrückbare Grundstruktur nahe. Doch bei näherer Betrachtung wirkt Tower eher wie eine gigantische Freibad-Dusche, vor allem, wenn der Wind in das Wasser fegt und den „Turm“ verweht. Aber auch, weil der Tower duschengleich alle Nase lang an- und wieder ausgeht. Entsprechend wird Tower auch genutzt: Lediglich eine Handvoll Kinder nutzt die Spätsommertage, um sich quietschend nass regnen zu lassen. Der Rest verzichtet lieber drauf, das Innere des Turms zu betreten, um, so das Programm, „die umgebende Zechenarchitektur durch die dichten, flirrenden Regenwände zu betrachten“. Kein Wunder: Ähnliches bietet schließlich auch ein zünftiges, einheimisches Sommer-Gewitter.

Zollverein hat – sowohl als Freizeitpark als auch als Kunstareal – schon eine Menge erlebt. Die Bandbreite der ortsansässigen wie temporären Aktionen reicht vom Werksschwimmbad über Claudia Lichtblaus eigenwillige, choreographische Entdeckungsreisen bis hin zu der famosen szenischen Installation Nächte unter Tage, die die Regisseurin Andrea Breth 2005 in der Kokerei zeigte. Um Zollverein künstlerisch noch einmal „neu zu definieren“ wird es einfach mehr brauchen, als eine kalte XXL-Dusche. - Andreas Meyer

Foto links: © Urbane Künste Ruhr/Ruhrtriennale, 2013